Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Ein Altkanzler verborisbeckert sich und in Österreich muss man Villen kaufen oder sterben. Und: Bayern kann aus eigener Kraft nicht mehr Meister werden.

Gerhard Schröder bei einer Rosneft-Pressekonferenz

Nicht Schröder ist das Problem Foto: ap

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Die SPD ist schuld, dass nur noch Jamaika übrig bleibt.

Und was wird besser in dieser?

Die SPD ist schuld, dass Jamaika nicht aus dem Quark kommt.

Schröder ist jetzt Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Rosneft, eines der größten der Welt. Freuen wir uns für den Altkanzler?

Schröder erlebt eine galoppierende Verborisbeckerung seines Ansehens. Es findet sich kaum eine Meldung über seine Bestellung zum Aufsichtsratsvorsitzenden, die einerseits nüchtern formuliert ist und andererseits keinen russischen Absender hat. Das ist anders, als wenn verdiente „Atlantiker“ in den USA Vortragshonorare einstreichen, Gastprofessuren antreten oder mit Preisen geehrt werden. Gerade wurde ein Schmierlapp von der Güte Guttenbergs ministrabel, nachdem er „in den USA Geschäfte gemacht hat“. Das lauteste aber an der ganzen Sause ist die dröhnende Stille zum Thema: Wie gestaltet sich unser Verhältnis zu Russland? Seine Energie- und Wirtschaftsmacht bewog einst die FDP, auf Brandts Ostpolitik umzuschwenken. It’s the economy, To­wa­rischtsch. Russland ist heute keine Demokratie – damals war die Sowjetunion eine erklärte Diktatur.

Es gibt reichlich Gründe, unsere Energieversorgung neu zu denken: Trump, Fracking, verbrecherische Scheichs, Gas statt Öl, ewige Kriege im Nahen Osten, Kriege und Konflikte um Versorgungsleitungen wie in der Ukraine. Wenn also Merkel oder Schulz eine Ostpolitik hätten, begänne sie damit, die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland neu zu betrachten. Im günstigsten Fall gar: hochrangige Beeinflusser in russischen Energiekonzernen zu platzieren. Kurz: Nicht Schröder ist das Problem, sondern die vollständige Abwesenheit einer Politik um seinen Move drumherum. Davon lenkt er allerdings toll ab.

Putin und Erdoğan freunden sich an. Muss man sich in Zeiten von Nordkorea und Trump schon über Despoten-Freundschaften freuen?

Musste Deutschland sich 45 über die Zusammenarbeit zwischen USA und Sowjetunion freuen? Die USA haben Irak mit weapons of mass desinformation zerstäubt, der Westen hat bisher keinen Friedensplan für Syrien. Erdoğan will die Kurden kleinhalten, Putin die Macht am Mittelmeer wahren und vergrößern. Das sind nicht die barmherzigsten Motive. Die beiden Schmuddeljungs mögen peinlich sein. Noch peinlicher, wenn sie mehr hinbekommen als wir, die wir uns über sie erheben.

Die AfD ist drittstärkste Partei. Bei SPD und Linken war bereits am Dienstag ein deutlicher Wählerzuwachs zu beobachten, etwa 1.400 neue Mitglieder meldete die SPD und 1.000 die Linke. Politisieren sich die Menschen angesichts des Ausschlags „nach rechts“ wieder mehr?

Schulz erinnert an den Angestellten, der nach einem brutalen Anschiss vom Chef nachts im Bett der Tapete erzählt, was er Starkes entgegnet hätte, wenn … wenn die Tapete nicht die „Elefantenrunde“ wäre. Sein Coming-out als „Oppositionspolitiker mit Haltung“ lässt träumen, wie viel besser die SPD abgeschnitten hätte, hätte sie die GroKo vor der Wahl ausgeschlossen. Tragisch. In der Katerrunde stellten Göring-Eckardt und Schulz Bezüge zu den 30ern her und zur heroischen Rolle der damaligen SPD. Also: Die Merkel-Parteien haben es nicht vermocht, die AfD klein zu halten. Die Linke war nie Merkelpartei, die SPD will keine mehr sein. Die Schlüssigkeit dieses Konzepts beweist sich am selbstmitleidigen Gejammer von FDP und Grünen, keine Sozis mehr vorschicken zu können.

Twitter könnte die Zeichenanzahl auf 280 erhöhen. Mehr Spaß für Trump?

Das wären vier Prozent dieser Kolumne. Dann müsste ich ja verständlich formulieren!

Die österreichische ÖVP sagt, Eigentum sei für junge Menschen die beste Maßnahme gegen Altersarmut. Was aber können Menschen tun, um jung nicht arm zu sein?

Ach, das reicht von „Villa kaufen“ bis sterben.

Die Weltgesundheitsorganisation rät allen Regierungen, Abtreibungsverbote aufzuheben. Hat sie genügend Durchsetzungsvermögen, das Thema weltweit zum Mainstream zu machen?

Dem liegt eine Studie zugrunde, wonach knapp die Hälfte aller Schwangerschaftsabbrüche „weniger“ oder „gar nicht sicher“ seien – für die Frauen. Und diese blutige Hälfte summiere sich in den Ländern mit strikten gesetzlichen Reglementierungen. Die wissen das.

Und was machen die Borussen?

Machen wir uns nichts vor: Bayern kann aus eigener Kraft nicht mehr Meister werden.

Fragen: msb, sisi

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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