Streit zum 50. Todestag: Che Guevara polarisiert noch immer

Boliviens linke Regierung widmet dem Revolutionär einen mehrtägigen Festakt – zum großen Ärger der Militärveteranen.

Eine Hauswand mit dem gemalten Portrait von Che Guevara

Wandbild am Krankenhaus in Vallegrande, Bolivien Foto: dpa

BERLIN taz | Auch 50 Jahre nach seinem Tod sorgt die Figur des argentinisch-stämmigen Revolutionärs Ernesto „Che“ Guevara für Streit. Am 9. Oktober 1967, einen Tag nach seiner Festnahme durch die bolivianischen Militärs, war Guevara auf Befehl der Armeeführung kaltblütig hingerichtet worden. Sein über ein Jahr dauernder Guerillakampf in Bolivien, zu keinem Zeitpunkt auch nur mit der geringsten Aussicht auf Erfolg, war zu Ende.

Seit Donnerstag feiert Boliviens Regierung in einem Festakt, der am Montag, dem Todestag, kulminieren soll, die „50 Jahre Präsenz des Che in Bolivien“. Seit dem Amtsantritt des linken Präsidenten Evo Morales 2006 wird Bolivien von Leuten regiert, denen Che Guevara nicht Feind, sondern Vorbild ist.

Über 10.000 Besucher_innen werden dieser Tage in Vallegrande erwartet, wo die Armee seinerzeit den Leichnam Che Guevaras der Presse präsentierte, und in dem Örtchen La Higuera, wo er umgebracht worden war. Führende Regierungsmitglieder aus Kuba, Venezuela und Ecuador werden teilnehmen, auch Argentiniens Expräsidentin Cristina Kirchner hat sich angesagt.

Der bolivianischen Militärführung und den Veteranenverbänden allerdings gefällt das überhaupt nicht. „Wir haben unsere eigenen Gedenkveranstaltungen. Die sollte es nur für jene geben, die das verdient und das Vaterland verteidigt haben,“ sagt Mario Moreira, Präsident der Nationalen Veteranenvereinigung der Antiguerillakämpfer von Ñancahuazú, jener Bergregion Boliviens, in der die kleine von Guevara angeführte Guerillatruppe einst unterwegs war. Die Militärs wollen ihrerseits am 6., 8. und 10. Oktober ihrer 59 bei Kämpfen mit der Guerilla getöteten Kameraden gedenken.

Ikone und gescheiterter Revolutionstheoretiker

Che Guevara, auf Kuba offizielle Ikone – so wie die Pioniere der DDR einst ihr „Immer bereit“ schmetterten, versichern Kubas Schulkinder jeden Tag, so zu werden wie der Che – und weltweit beliebtes T-Shirt-Motiv, hat auch Vallegrande und Higuera seit vielen Jahren schon zu touristischen Zielen gemacht. Jegliche Art von Nippes ist zu kaufen, in der Regel bedruckt mit dem berühmten Foto des Che Guevara, dass der Fotograf Alberto Korda im März 1960 auf einer Tribüne in Havanna aufgenommen hatte.

Die Verehrung und Veränderung des globalen Bildes von Che Guevara ist auch den bolivianischen Militärs nicht unbekannt. Und doch versichert Veteranenchef Moreira sein Unverständnis: „Niemand hat das Recht, einfach irgendwo hinzukommen und im Namen eines Idealismus zu töten, den sie selbst nie praktiziert haben. Sie sind hier einmarschiert, haben nicht einmal einen Vorschlag gehabt, sondern haben sofort angefangen, Trauer und Schmerz zu verursachen“, sagt Moreira heute.

Guevara, der zunächst in Kuba an der Seite Fidel Castros der Revolution zum Sieg verholfen und einige Jahre in verschiedenen Regierungsfunktionen geblieben war, hatte die Insel 1965 wieder verlassen, zunächst, um im Kongo mutmaßlichen Revolutionären zu helfen. Sein erst spät veröffentlichtes Tagebuch aus jenem Jahr offenbart, wie wenig seine Verbündeten dort von ihm wissen wollten.

1966 reiste er, getarnt als uruguayischer Geschäftsmann, nach Bolivien ein. Er wollte seine Fokustheorie, die Generationen von lateinamerikanischen Guerilleros beeinflussen sollte, unbedingt in die Tat umsetzen. Doch das Etablieren eines revolutionären Kerns in Boliviens Landbevölkerung, von dem aus der Umsturz im ganzen Land gelingen sollte, scheiterte. Dass Che in Bolivien 50 Jahre später trotzdem gefeiert wird – es hätte ihn wohl gewundert.

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