Fahrverbotsurteil zu Diesel-Fahrzeugen: Grüne Regierung gegen Gesundheit

Das Land Baden-Württemberg legt gegen das Diesel-Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart eine Sprungrevision ein. So wird Zeit gewonnen.

Jemand hält ein Schild hoch, auf dem der durchgestrichene Slogan Feinstaub 21 steht

Protest in Stuttgart Foto: dpa

FREIBURG taz | Die grün-schwarze Landesregierung hat am Montag Rechtsmittel gegen das Diesel-Fahrverbotsurteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts (VG) eingelegt. Dieses wird deshalb nicht rechtskräftig und muss vorerst nicht umgesetzt werden.

Der Rechtstreit entstand, weil in Stuttgart (und vielen anderen Städten) die Grenzwerte für Stickoxide schon seit Jahren überschritten werden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) verklagte deshalb das Land, es solle den Luftreinhalteplan für Stuttgart verschärfen.

Ende Juli gab das Verwaltungsgericht Stuttgart der DUH recht. Das Land müsse seinen Maßnahmenplan nachbessern. Einzig erfolgversprechende Maßnahme sei dabei ein generelles Fahrverbot für Dieselfahrzeuge unterhalb der Schadstoffklasse 6 im gesamten Stadtgebiet, so das Gericht.

Große Teile der Grünen wollten, dass das Land dieses Urteil akzeptiert. Denn natürlich ist es peinlich, wenn ausgerechnet eine von den Grünen geführte Landesregierung gegen ein konsequent an der Gesundheit orientiertes Urteil Rechtsmittel einlegt.

Ähnliches Verfahren in Leipzig

Die CDU wollte jedoch, dass das Land in Berufung geht. Dann wäre der gesamte Prozess vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim noch einmal neu aufgerollt worden. Argument der CDU: So hätten auch die von der Autoindustrie beim Dieselgipfel Anfang August versprochenen Software-Nachbesserungen berücksichtigt werden können. Allerdings hatte das Land solche Software-Lösungen bereits im VG-Verfahren ins Spiel gebracht und das Gericht hatte sie als völlig ungenügend abgelehnt. Vermutlich ging es der CDU auch eher um maximalen Zeitgewinn.

Nun einigte sich die grün-schwarze Koalition auf einen Mittelweg, den auch schon das VG empfohlen hatte. Das Land legte Sprungrevision ein und brachte den Rechtstreit direkt vors Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort geht es nur noch um Rechtsfragen. Im Mittelpunkt steht dann wohl eine eher banale Frage: Kann das Land Fahrverbote für Dieselfahrzeuge anordnen, solange der Bund sich weigert, die entsprechenden Verkehrszeichen (blaue Zone) hierfür einzuführen.

Ein ähnliches Verfahren wird bereits Anfang 2018 in Leipzig verhandelt. Dann geht es um die Luftreinhaltung in Düsseldorf. Auch dort muss geklärt werden, mit welchen Verkehrszeichen Dieselfahrverbote angeordnet werden können.

Die Lage könnte sich jedoch schlagartig ändern, wenn die Bundes-Grünen in einer Jamaika-Koalition durchsetzen, dass es künftig Verkehrsschilder für eine strenge blaue Umweltzone gibt. Dann könnte sich die Stuttgarter Landesregierung nicht mehr hinter den fehlenden Schildern verstecken. Sie müsste Farbe bekennen, ob ihr die Interessen der Diesel-Fahrer und -Hersteller wichtiger sind oder die der Anwohner von Autoverkehrsachsen.

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