Institutioneller Rassismus: Diskriminierung in Großbritannien

Eine neue Datenbank erfasst ethnische Diskriminierung durch britische Behörden, die kommen dabei schlecht weg. Für Theresa May ein gutes Thema.

Theresa May redet in einer Diskussionsrunde

Theresa May leitet eine Diskussionsrunde über Rassismus Foto: reuters

LONDON taz | Schüler afrikanisch-karibischen Hintergrunds werden in Großbritannien dreimal so oft aus der Schule ausgeschlossen wie „weiß-britische“, schwarze Frauen zweimal so häufig festgenommen wie weiße. Das sind Befunde einer neuen staatlichen Datenbank, die ethnische Diskriminierung durch britische Behörden erstmals umfassend darstellt.

Mit der am Dienstag vorgelegten Datenbank will Premierministerin Theresa May der britischen Gesellschaft „einen Spiegel vorhalten“, wie sie selbst sagt. Bei ihrem Amtsantritt im Juli 2016 hatte die konservative Politikerin angekündigt, sich für ein faireres Land einzusetzen. Die Behörden müssten „sich erklären oder sich verändern“, sagte May.

Der Minister für Kommunalverwaltung, Sajid Javid, gab hierzu an, Großbritannien sei zwar eine tolerante Gesellschaft, doch die Daten könnten Veränderungen in der Zukunft erleichtern. Weshalb aber haben die bestehenden Gesetze die nötigen Veränderungen nicht herbeigeführt? Darauf hatte Javid am Dienstag keine Antwort.

Beobachter sehen die Datenbank als Theresa Mays Mahnung an die eigene Partei. May steht parteiintern unter Druck, die Konservativen insgesamt sind gegenüber Labour in der Defensive. Die Premierministerin sucht nun im Kampf gegen Benachteiligung bei den Gegnern das Wasser abzugraben.

Das wissen Mays Gegner natürlich. Die konservative Autorin Munira Mirza, die einst mit Boris Johnson im Amt des Londoner Bürgermeisters zusammengearbeitet hatte, kritisiert alles boshaft als verzweifelten Schritt Mays, ihrer Politik einen Inhalt zu geben, auf dem Rücken „bedeutungsloser Statistiken“. Als Innenministerin 2010 bis 2016 gewann May jedoch durchaus überparteiliche Anerkennung für ihren Einsatz gegen polizeilichen Rassismus. David Lammy, schwarzer Brite und Labour-Abgeordneter für den Londoner Stadtteil Tottenham, warnt: „Wir können nicht zulassen, dass dieser Bericht wieder nur zu mehr Herumgelabere führt.“

Rein zufällig, angeblich, ist ebenfalls am Dienstag eine umfassende Studie der britischen Anti-Rassismus-Forschungsgruppe „Runnymede Trust“ gemeinsam mit der „Women’s Budget Group“ über Benachteiligung auf ethnischer sowie Gender-Grundlage in Großbritannien vorgelegt worden. Die Studie „Intersecting Inequalities“ belegt, dass die Sparpolitik der Konservativen vor allem den Ärmsten geschadet hat.

Insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund seien durch Kürzungen benachteiligt. Nebenbei merkt die Studie an, dass Theresa May im Juni 2010 als Innenministerin den damaligen Finanzminister George Osborne gewarnt hatte, dass „solche Maßnahmen vor allem Frauen, ethnischen Minderheiten, Behinderten und älteren Personen überproportio­nal schaden könnten“. Osborne gehört heute zu Mays schärfsten Gegnern.

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