Offene Daten und der Bundestag: Protokolle endlich durchsuchbar

Das Portal „Offenes Parlament“ will den politischen Betrieb transparenter machen. Die Betreiber sehen diese Aufgabe jedoch beim Bundestag selbst.

Glaswand mit Aufschrift "Zutritt nur für Abgeordnete"

Das Tool „Offenes Parlament“ soll den Zugang zu Informationen erleichtern Foto: Imago/Jens Schicke

BERLIN taz | Mit dem Recherchetool „Offenes Parlament“ wollen die Organisationen Parlamentwatch und die Open Knowledge Foundation Deutschland politische Prozesse nachvollziehbarer machen. Bisher waren die Protokolle der Parlamentssitzungen zwar auf der Seite des Deutschen Bundestags einsehbar, aber nur als PDF-Datei zugänglich. Auf der Seite offenesparlament.de sind die 245 Protokolle der Wahlperiode von 2013 bis 2017 nun maschinenlesbar. Durch das neue Tool ist es also möglich, die Protokolle nach Schlagwörtern, Personen oder Jahren zu durchsuchen.

So kann man beispielsweise aus den Daten lesen, dass der Begriff „Bedingungsloses Grundeinkommen“ in Bundestagsreden derzeit eine steile Karriere macht: als Kampfbegriff gegen erleichterte Regelungen für die Bezüge von Sozialleistungen.

„Offenes Parlament“ ordnet die Tagesordnungspunkte aus allen Protokollen 28 Oberkategorien zu. So wird nachvollziehbar, wie viele Stunden und wie viele Redner*innen zu welchem Thema gesprochen haben. „Offenes Parlament“ ordnet die Reden zudem Alter der Redner*Innen, Fraktionen, Geschlecht und Beruf zu. Dies gibt einen Überblick, welche Gruppe sich zu bestimmten Themen äußert oder nicht.

Dadurch lässt sich beispielsweise auslesen, dass Frauen bei den Reden zum Thema Gesellschafts- und Sozialpolitik überrepräsentiert, bei den Themen Innere Sicherheit, Wirtschaft und Wissenschaft jedoch deutlich unterrepräsentiert sind. Welche Abgeordneten in einer Fraktion welche Themen abdecken, lässt sich auf diesem Wege ermitteln. Gleichermaßen lässt sich recherchieren, welche Themen ein bestimmter Abgeordneter, beispielsweise der Kandidat für den eigenen Wahlkreis, bearbeitet. Durch die Anordnung nach Jahren lassen sich so auch zeitliche Trends auswerten.

Ausschüsse komplett intransparent

Die Initiator*innen rechnen mit einer Nutzung durch Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen. Aber „auch normale Bürgerinnen und Bürger können so politische Prozesse nachvollziehen“, sagt Helene Hahn von der Open Knowledge Foundation.

Der Deutsche Bundestag sei in Sachen maschinenlesbarer Daten noch hinterher, so Hahn. Zukünftig wünscht die Open Knowledge Foundation, die sich für offene Daten einsetzt, dass der Bundestag selbst die Daten maschinenauswertbar zur Verfügung stellt. Bisher sei eine Recherche der Diskussion über bestimmte Gesetzgebungsverfahren nicht ohne erheblichen Aufwand möglich gewesen.

Auch Informationen über die Arbeit in den Ausschüssen seien für die Öffentlichkeit nur unzureichend verfügbar. „Was genau in den Ausschüssen passiert, ist noch komplett intransparent“, so Hahn weiter. Es sei notwendig, dass auch über die Ausschusssitzungen ausreichend Informationen zu den unterschiedlichen Phasen im Gesetzgebungsprozess zugänglich seien.

Doch bis zur vollen Transparenz im Bundestag ist es noch ein weiter Weg. Die ersten Reaktionen auf offenesparlament.de von Journalist*innen und Nutzer*innen seien weitgehend positiv – eine Bestätigung dafür, dass die Plattform „Offenes Parlament“ notwendig ist.

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