CDU trotzt AfD

Abgeordnetenhaus debattiert über Extremismus – auf Antrag der AfD

Vergangene Woche sollte er feststehen, dann Montag, Dienstag, Mittwoch – spätestens Donnerstag sollte Regierungschef Michael Müller (SPD) den Namen nennen, hieß es: den der Schlichterin oder des Schlichters in Sachen Flughafen Tegel. Doch wieder nichts: Der oder die Betreffende will laut Müller noch Schätzungen über Folgekosten sehen, die im Senat erst Dienstag vorliegen.

Immerhin ist klar, wann die Regierungen von Berlin und Brandenburg zu ihrer gemeinsamen Kabinettssitzung zusammenkommen und über Tegel reden: am 6. November soll das sein.

Unbeantwortet ließ Müller die CDU-Frage, ob er garantieren könne, dass der BER noch in dieser Wahlperiode eröffnet, also bis 2021. Er verwies nur darauf, dass Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup angekündigt habe, Ende 2017, Anfang 2018 einen Eröffnungs­termin zu nennen. (sta)

Von Stefan Alberti

Es ist nicht leicht in diesen Tagen, CDU zu sein. Vor allem, wenn die AfD die eigenen Forderungen aufgreift und daraus die zentrale Debatte im Abgeordnetenhaus macht. Seit Langem fordern die Christdemokraten, mehr gegen Linksextremismus zu tun, und werfen der rot-rot-grünen Koalition zugespitzt gesagt vor, sie sei auf dem linken Auge blind – wie es an diesem Donnerstag eben auch die AfD macht. Stephan Lenz, Verfassungsschutzexperte der CDU-Fraktion, ging in die Offensive: Statt thematische Nähe zu bestreiten, um so mehr Unterschiede zur AfD herausarbeiten.

„Linksextremismus isolieren – Finanzielle Förderung und gesellschaftliche Duldung stoppen!“, hatte die AfD ihren Debattenantrag genannt – zweimal pro Jahr darf jede Fraktion in einer Plenarsitzung ein Thema setzen. „Aus unserer Sicht ist diese Forderung durchaus berechtigt“, so Lenz gleich zu Beginn. Auf dem Weg zum Rednerpult hatte ihn ein Zwischenruf vom rechten Flügel des Plenarsaals begleitet, wo Linkspartei und Grüne sitzen: „Zeigen Sie der Rechten die rote Karte, Herr Lenz.“

Reserveoffizier gegen Exoberst

Das tat der Herr Lenz dann auch, aber vorher war erst einmal die rot-rot-grüne Koalition Zielscheibe. Der Senat lasse die nötige Abgrenzung zum Linksextremismus vermissen, nutze aber jede Gelegenheit, gegen Rechtsextremismus vorzugehen, kritisierte er. FDP-Mann Holger Krestel erinnerte an das Unterstützer­umfeld der RAF, das bis heute nicht richtig aufgearbeitet worden sei: Die Linksextremen „verfügen seit Jahrzehnten über einen legalen Arm, der sie vor Ächtung schützt“.

Dann aber war wie vom linken Lager gefordert die AfD dran. Ihr sprach Lenz das Recht ab, sich so als Opfer darzustellen, wie es AfD-Vizefraktionschef Roland Gläser eingangs tat, als er Übergriffe auf AfD-Wahlplakate und -Abgeordnete auflistete. Nicht der Rassismus, nein, der Linksextremismus kommt aus Gläsers Sicht aus der Mitte der Gesellschaft.

„Sie verachten unsere Justiz, Sie verachten unsere Presse, und damit verachten Sie einen wesentlichen Teil unserer Demokratie“, hielt Lenz dagegen. Wer den Staat ablehne, „der wird nie die CDU an seiner Seite haben“. Dem AfD-Fraktionschef Georg Pazderski, einem Oberst im Ruhestand, empfahl Lenz, selbst zum Reserveoffizier ausgebildet: „Begeben Sie sich mal ins Gelände, gucken Sie sich Ihre Truppe an, bevor Sie hier anderen Vorwürfe machen.“

Geisel lobt Urteil gegen Blender

Susanne Kitschun (SPD) nannte den Vorwurf, am linken Rand nicht so genau hinzuschauen, eine böswillige Unterstellung: „Die Koalition duldet keinen Linksextremismus.“ So äußerten sich auch die Grüne June Tomiak – „natürlich lehnen wir Gewalt in jeder Form ab“ – und Innensenator Andreas Geisel (SPD): „Ob von rechts oder von links – wer die Demokratie angreift, hat bei uns nichts verloren.“

Ausdrücklich lobte Geisel, dass gerade ein Mann eineinhalb Jahre Haft erhielt, der bei Krawallen in der Rigaer Straße einen Polizeihubschrauberpiloten blendete. „Ein gutes Urteil“, sagte Geisel, „der Rechtsstaat wehrt sich.“ Der Satz brachte ihm Applaus von der Opposition ein. Förderprogramme gegen Extremismus zu streichen, lehnte er klar ab – „das ist gut angelegtes Geld“.