Scientology in Irland: „Haltet Tom Cruise fern“

Unter Protest wurde das neue Scientology-Zentrum in Dublin eröffnet. Experten glauben, die Sekte wolle ein europäisches Drehkreuz aufbauen.

Tom Cruise 2004 bei der Eröffnung der spanischen Scientology-Zentrale

Den Sitz von Scientology in Spanien beehrte Tom Cruise zur Eröffnung mit einer Rede Foto: dpa

DUBLIN taz | Neulich im Süden Dublins: Die Polizei hat die Straße gesperrt und hält rund hundert Demonstranten vom großen Eingangstor eines Geländes im Stadtteil Firhouse fern. Eine Limousine mit englischem Kennzeichen fährt vor: Der Passagier ist Scientology-Papst David Miscavige.

Er hat Mitte Oktober unter heftigem Protest die „Ideal Org“ in Firhouse eröffnet, eine Art Mutterkirche mit einem Auditorium für 1.050 Menschen. Seitdem ist der Protest nicht abgeebbt. Nun distanzierten sich zwei der Eröffnungsrednerinnen: Neben Miscavige sprachen auch Nicola Keating vom irischen Gesundheitsamt sowie Amina Moustafa Keogh von der Organisation Sports Against Racism Ireland (Sari). Beide lobten das Anti-Drogen-Programm von Scientology, distanzierten sich aber später von der Sekte, weil sie auf deren Webseite plötzlich mit Foto als Unterstützer auftauchten. Ein Sprecher von Sari sagte, die beiden Frauen seien „übertölpelt“ worden.

Die „Ideal Org“ in Firhouse soll allen Menschen offenstehen, sagte Miscavige, doch am Eröffnungswochenende waren Menschen nicht willkommen. Man hatte Angst vor den Demonstranten. Einer von ihnen war Bill Drummond aus England, der sich als Pirat verkleidet hatte. Er sei 50 Jahre lang Mitglied bei Scientology gewesen, sagte er, vor zweieinhalb Jahren habe er die Sekte verlassen. „25 Familienangehörige von mir sind noch drinnen.“

Ein Anwohner hatte ein Plakat mitgebracht: „Haltet Tom Cruise von Firhouse fern“, stand darauf in Anspielung auf das prominenteste Sektenmitglied. Einige Demonstranten schworen, so lange gegen das Zentrum zu protestieren, bis es dichtgemacht wird. Im benachbarten Pub haben einige angereiste Scientologen bereits Hausverbot, weil sie dem Wirt vorwarfen, zu früher Stunde Alkohol auszuschenken und Sportveranstaltungen im Fernsehen zu zeigen.

Am Dubliner Merrion Square gibt es bereits eine Filiale

Scientology hat das Gebäude für sechs Millionen Euro erworben. Voriges Jahr hatte Scientology das erste „National Affairs Office“ außerhalb der USA am Dubliner Merrion Square eröffnet, einer der besten Adressen der irischen Hauptstadt. Dort hatte der Scientology-Gründer L. Ron Hubbard in den fünfziger Jahren eine Zeit lang gewohnt. Es sei eine „säkulare Filiale“, erklärte eine Mitarbeiterin. Man wolle niemanden konvertieren, sondern bei sozialen Problemen wie Drogenabhängigkeit helfen.

Dublin soll offenbar zum europäischen Drehkreuz für die Organisation ausgebaut werden. Rund 250 Scientologen aus aller Welt sind in den vergangenen Wochen nach Irland gezogen, um das schicke neue Hauptquartier zu betreiben. Warum aber ausgerechnet Irland – wo Scientology nur 87 eingetragenen Mitglieder hat?

Experten vermuten, dass es mit dem Druck auf die Organisation in den USA zusammenhängt. Dort droht Scientology die Aberkennung des Kirchenstatus, dann müssten sie Steuern zahlen. Um das zu vermeiden, will die zwielichtige Sekte den Hauptsitz womöglich ins Steuerparadies Irland verlegen, wo sich bereits Apple, Google und andere US-Unternehmen tummeln. Die Demonstranten in Dublin-Firhouse müssen sich auf eine lange Protestkampagne gefasst machen.

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