Britische Ministerin tritt zurück: Urlaub mit Netanjahu – das geht nicht

Die Entwicklungsministerin Priti Patel stürzt über ungenehmigte Treffen in Israel. Auf sie folgt die Brexit-Befürworterin Penny Mordaunt.

Eine Frau steht vor einem Zaun

Wurde auf Twitter als #pritilittleliar beschimpft: Ex-Ministerin Priti Patel Foto: ap

LONDON taz | Großbritannien hat eine neue Entwicklungsministerin. Penny Mordaunt, bisher Staatssekretärin für Menschen mit Behinderung im Arbeitsministerium, wurde am Donnerstagnachmittag auf diesen Posten befördert, nachdem es binnen sieben Tagen zum zweiten Mal zu einem Rücktritt im Kabinett von Premierministerin Theresa May gekommen war.

Die bisherige Entwicklungsministerin Priti Patel reichte am Mittwochabend ihren Rücktritt ein. Patel hatte sich vor einigen Monaten bei einem 14-tägigen Sommerurlaub in Israel zwei Tage lang mit israelischen Politikern getroffen, darunter Premierminister Benjamin Netanjahu und Sicherheitsminister Gilad Erdan. Außerdem besuchte sie ein Lazarett auf den besetzten Golanhöhen, deren Annexion durch Israel Großbritannien nicht anerkennt. Zwar geschah dies in Anwesenheit ihres Parteikollegen Lord David Pollock, Vorsitzender des konservativen Israel-Freundeskreises – Patel war selber einst Vizepräsidentin davon – doch wurden ihr diese Treffen zum Verhängnis.

Sie hatte weder dem britischen Außenministerium noch der britischen Botschaft in Israel davon vorab erzählt, wie sie es eigentlich als Ministerin tun müsste. Nach ihrer Reise plädierte Patel für staatliche britische Hilfen an den Nothilfearm des israelischen Militärs, der auf dem Golan verwundete syrische Bürgerkriegsopfer versorgt. Dies lehnte das Außenministerium unter Boris Johnson ab.

Seit Aufdeckung dieser Fakten durch die BBC am vergangenen Freitag tickte für Patel die Uhr. Erst blieb sie defensiv. Als sie am Montag von Theresa May verwarnt wurde, machte sie eine Liste ihrer Besuche und den darin diskutierten Themen öffentlich. Das heizte die Kontroverse erst recht an, zumal ein ungenannter Sprecher des Büros von Premierministerin May behauptete, dass Patel bei einem Treffen am 18. September von dem Treffen mit dem Sicherheitsminister erzählt habe und man ihr damals geraten habe, zu schweigen, „da dies das Außenministerium in Verlegenheit bringen würde“. Später wurde dies jedoch von 10 Downing Street dementiert. Dann wurden auch noch zwei weitere Treffen zwischen Patel und israelischen Vertreten bekannt: Sie traf Gilad Erdan erneut am 7. September im Parlament und Yuval Rotem vom israelischen Außenministerium vor der UN-Generalversammlung in New York.

Einst als Premierministerin gehandelt

Am Dienstag flog Priti Patel ungerührt in Begleitung von Außenhandelsminister Liam Fox nach Ostafrika. Theresa May beorderte sie vorzeitig zurück. Ihren Rückflug von Nairobi nach London am Mittwoch verfolgten über 100.000 Personen live im Internet, wo auch alle möglichen Hashtags wie #pritilittleliar auftauchten. Am Abend in London angekommen, begab sie sich nach 10 Downing Street. Sie verließ den Amtssitz der Premierministerin durch den Hinterausgang und verlautete ihren Rücktritt. Ähnlich wie Verteidigungsminister Michael Fallon genau eine Woche vorher erklärte sie, sie habe die nötigen Standards für ihr Amt nicht eingehalten – in ihren Fall Transparenz und Offenheit.

Noch vor wenigen Monaten galt Priti Patel als potentielle Nachfolgerin von Theresa May – eine erstmalige Stellung für die erste weibliche Abgeordnete der Konservativen mit einem indischstämmigen Hintergrund. Ihre Eltern waren Flüchtlinge indisch-gujaratischer Abstammung aus Idi Amins Uganda, die sich in den 1970er Jahren in England niederließen. Politisch ist Patel, die seit 2010 im Parlament sitzt, enthusiastische Brexit-Befürworterin, Unterstützerin der Todesstrafe und Bewunderin von Margaret Thatcher. Ministerin wurde sie unter Theresa May. Nachfolgerin Mordaunt ist ebenfalls Brexit-Befürworterin, sodass die Balance zwischen den Parteiflügeln im Kabinett gewahrt bleibt.

Manche Beobachter halten den Rücktritt als Zeichen für eine allgemeine Regierungsschwäche – May könne sich nicht mehr leisten, auch nur den geringsten Hauch von Skandal um sich zu tolerieren. Als vor drei Jahren der damalige Finanzminister George Osborne ebenfalls zum „Privatbesuch“ nach Israel fuhr, samt „Gelegenheit“, sich kurz mit Benjamin Netanjahu zu treffen, schreibt die israelische Haaretz, gab es keine Probleme.

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