Personalkarussell beim FC Bayern: Arzt mit Nebenwirkungen

Der Verein setzt den Retrokurs fort: Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, soll wieder Teamdoktor werden. Das Misstrauen ihm gegenüber scheint vergessen.

Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt betreut einen Fußballspieler, der am Boden liegt

Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt bei der Arbeit Foto: dpa

Als es im April 2015 zum großen Bruch kam, gab es beim FC ­Bayern am Tag danach eine Pressekonferenz, auf der zwar eigentlich nur eine Frage zum Thema gestattet war, die aber dennoch viel erzählte über den Disput zwischen dem gerade zurückgetretenen Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und dem damaligen Trainer Pep Guardiola. „Es war seine Entscheidung. Ich habe großen, großen Respekt vor ihm. Ich kann die Entscheidung nur respektieren. Das ist alles“, hatte Guardiola damals über den seit 1977 für den FC Bayern tätigen Arzt knapp und kühl gesagt.

Wenig Bedauern klang dabei schon an, und als dann doch noch ein paar Fragen gestellt worden waren, ließ sich Guardiolas Misstrauen gegen Müller-Wohlfahrt erst recht nicht mehr überhören. „Wir hatten 13 OPs, viele muskuläre Probleme. Es sind die gleichen Probleme, die wir in den letzten zwei Jahren hatten“, sagte Guardiola.

Am Abend zuvor hatten Müller-Wohlfahrt und sein Ärzteteam ihren Rücktritt verkündet und diesen mit einem „geschädigten Vertrauensverhältnis“ begründet. Die medizinische Abteilung sei „aus ihnen unerklärlichen Gründen hauptverantwortlich gemacht“ worden für die 1:3-Niederlage im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Porto. Dieser Hinweis galt nicht nur Guardiola, sondern auch Karl-Heinz Rummenigge. Der Vorstandsvorsitzende soll Müller-Wohlfahrt nach der Partie in Portugal lautstark Vorwürfe gemacht haben, weil Franck Ribérys Sprunggelenk noch immer nicht geheilt war.

Ribéry ist derzeit zwar wieder verletzt, aber sonst erinnert nicht mehr viel an das Erdbeben, das der Ärztestreit beim FC Bayern vor zweieinhalb Jahren ausgelöst hatte. Statt Guardiola trainiert nun wieder der zurückgekehrte Jupp Heynckes, 72, die Mannschaft. Und nun soll auch Müller-Wohlfahrt, 75, wieder als Mannschaftsarzt der Münchner fungieren. Laut Bild-Zeitung als Teamchef eines Ärztestabs mit Peter Ueblacker, Lutz Hänsel und Jochen Hahne aus Müller-Wohlfahrts Praxis. Dessen Kollegen sollen die tägliche Arbeit übernehmen, nur bei wichtigen Spielen soll Müller-Wohlfahrt mit auf der Bank sitzen. Einzig Hahne war 2015 noch nicht im Stab dabei, stattdessen sollte damals Müller-Wohlfahrts Sohn Kilian als Nachfolger aufgebaut werden. Dies könnte nun mit dem 39 Jahre alten Hahne vorgesehen sein, der seit 2007 die Basketballer des Vereins betreut. Seit 2014 gehört er zu Müller-Wohlfahrts Praxisgemeinschaft, seit September 2015 arbeitet er auch für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft.

Für diese ist auch Müller-Wohlfahrt nach wie vor tätig. Einige Profis der Münchner hatte er zudem weiter behandelt. Und bereits im August hatte Müller-Wohlfahrt gesagt: „Ich habe den Verein wissen lassen, dass ich bereit bin, in schwierigen Fällen zu helfen.“

Gefahr für den Burgfrieden?

Seine nun wohl offizielle Wiedereingliederung folgt auf den Rücktritt des bisherigen Mannschaftsarztes Volker Braun, 44, der in der Vorwoche seinen Abschied aus offiziell privaten Gründen bekannt gegeben hatte. Offenbar war es allerdings ebenfalls zu Dissonanzen über medizinische Fragen gekommen. 2015 war Braun als Nachfolger Müller-Wohlfahrts befördert worden. Nun kehrt sein Vorgänger ebenso zurück, wie es schon bei Guardiolas Vorgänger Heynckes der Fall war. Alte Weggefährten wieder zurückzuholen war schon immer so etwas wie das Hausmittel der Münchner. Müller-Wohlfahrts zweite Rückkehr nach seiner kurzen Absenz in der Amtszeit des Trainers Jürgen Klinsmann (2008/2009) ist damit so etwas wie die Fortsetzung jenes Retro­kurses, den der FC Bayern zuletzt eingeschlagen hat.

Müller-Wohlfahrts Rückkehr wirkt ein bisschen wie ein Kompromiss in der Not

Als treibende Kraft dafür gilt Präsident Uli Hoeneß, selbst ein Rückkehrer, nachdem er seine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung verbüßt hatte. Zuletzt hatte der 65-Jährige mehrfach betont, der Verein müsse sich wieder verstärkt auf das alte „Mia san mia“ besinnen. Rummenigge hat dagegen progressivere Überzeugungen geäußert, und nicht selten war es zwischen ihm und Hoeneß zu Dissonanzen gekommen. Spannend wird zu beobachten sein, ob und inwieweit der jüngst ausgerufene Frieden zwischen Hoeneß und Rummenigge belastet wird durch Müller-Wohlfahrts Rückkehr, die auch ein bisschen wirkt wie ein Kompromiss in der Not. Zu Risiken und Nebenwirkungen können sie ihren Arzt in diesem Fall jedoch eher nicht befragen.

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