Katalonniens Ex-Regierungschef: Belgien will Haftbefehl prüfen

Der europäische Haftbefehl gegen Carles Puigdemont liegt in Belgien vor. Doch die Staatsanwaltschaft sieht sich „nicht in Eile“. Spaniens Justiz pocht auf Auslieferung.

Porträt Carles Puigdemont

Wird er von Brüssel aus Wahlkampf führen? Oder wandert er doch ins Gefängnis? Carles Puigdemont Foto: ap

MADRID/BRÜSSEL ap | Die belgische Regierung hat klargemacht, dass sie keinen Einfluss auf die Zukunft des abgesetzten und nach Brüssel geflohenen katalanischen Regionalregierungschef Carles Puigdemont habe. Der von Spanien angeordnete europäische Haftbefehl sei ein vollkommen rechtliches Verfahren, bei dem die belgische Exekutive keinerlei Rolle spiele, sagte Justizminister Koen Geens am Samstag. Alles geschehe durch direkten Kontakt zwischen den juristischen Behörden.

Eric Van Der Sijpt, ein Sprecher der belgischen Staatsanwaltschaft, hatte am Freitag erklärt: „Wir werden es (…) in die Hand eines Untersuchungsrichters legen. Das kann morgen (Samstag) sein, übermorgen oder auch Montag“. Er fügte hinzu: „Wir sind nicht in Eile.“

Puigdemont und mehrere seiner ebenfalls abgesetzten regionalen Minister waren nach Belgien geflohen, nachdem das Regionalkabinett im Zuge der Unabhängigkeitskrise von der spanischen Zentralregierung abgesetzt worden war.

Die spanische Untersuchungsrichterin Carmen Lamela hatte den Haftbefehl gegen die fünf Separatisten ausgestellt. Sie schrieb sie zudem zur internationalen Fahndung aus und alarmierte Europol für den Fall, dass sie Belgien verlassen wollen. Wie Lamela am Freitag erklärte, werden Puigdemont und die vier Ex-Minister von der spanischen Justiz wegen Rebellion, Auflehnung, Veruntreuung und zwei weiteren Straftatbeständen gesucht. In Belgien wird der Haftbefehl derzeit geprüft.

Puigdemont: „Keine Flucht“

Einen Tag zuvor hatte Lamela bereits in der Frage von neun anderen Ex-Kabinettsmitgliedern Puigdemonts gehandelt und sie inhaftiert. Mit Blick auf den abgesetzten Regionalpräsidenten gilt: Bei Vorliegen eines internationalen Haftbefehls muss der Betroffene in Belgien innerhalb von 24 Stunden vor einen Untersuchungsrichter gebracht werden. Der Auslieferungsprozess dürfte nach belgischen Justizkennern 15 Tage in Anspruch nehmen. Falls Puigdemont in Berufung ginge, dürfte sich der Zeitraum aber auf 45 Tage ausdehnen. Dann würde Puigdemont Belgien nicht vor Anfang Januar verlassen – also nach der auf den 21. Dezember angesetzten Parlamentswahl in Katalonien.

Puigdemont sagte im belgischen Rundfunk, er werde sich den belgischen Behörden, nicht aber der spanischen Justiz stellen. Dass er Spanien verlassen habe, sei keine Flucht, erklärte Puigdemont demnach weiter. Er sei in Belgien, weil es unmöglich sei, seine rechtliche Verteidigung in Spanien vorzubereiten.

Außerdem erklärte Puigdemont, für eine Kandidatur bei der Wahl bereit zu sein. Den Wahlkampf könne er auch von Belgien aus führen, „weil wir in einer globalisierten Welt leben“. Da waren die Haftbefehle noch nicht offiziell erlassen. Dies möglicherweise vorausahnend sagte Puigdemont, er wünsche, dass die Wahl des Regionalparlaments unter den bestmöglichen Bedingungen stattfinde. „Es wird nicht neutral, unabhängig, normal sein, wenn eine Regierung im Gefängnis sitzt“, sagte er.

15.000 Jobs weggefallen

Die spanische Staatsanwaltschaft wirft insgesamt 20 katalanischen Politikern – darunter die gesamte abgesetzte Regierung und Abgeordnete des Regionalparlamentes – Rebellion vor. Grund sind die Bemühungen der Regionalregierung, Katalonien von Spanien abzuspalten.

In Katalonien sind im Oktober fast 15.000 Menschen mehr ohne Arbeit gewesen als im Vormonat. Wie aus Zahlen des spanischen Arbeitsministeriums hervorging, büßte Katalonien damit im Zuge der Unabhängigkeitskrise die meisten Jobs aller 17 Regionen des Landes ein. Landesweit nahm die Zahl der Erwerbslosen um 58.000 zu.

Die politische Unsicherheit in Katalonien führte unter anderem dazu, dass mehr als 1000 Firmen ihre Hauptsitze in andere Teile Spaniens verlegt haben. Grund dafür war die Sorge, dass sie im Falle einer Abspaltung vom EU-Land den Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren könnten.

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