Schülervertreter gegen Hausaufgaben: Mehr Freizeit bitte!

Für viele Kinder sind sie das Schlimmste in der Schulzeit – Hausaufgaben. Geht es nach dem Landesschülerausschuss, ist damit bald Schluss.

Ein kleines Mädchen sitzt am Schreibtisch und macht ihre Hausaufgaben.

Ein Mädchen brütet über seinen Hausaufgaben – bald ein Bild der Vergangenheit? Foto: dpa

Ein Positionspapier des Landesschülerausschusses Berlin fordert die Abschaffung der Hausaufgaben an den Berliner Schulen. Die Schülervertreter wünschen sich kostenlose Aufgabenbetreuung im Rahmen der Ganztagsbetreuung und Leitfäden, die auf die Eigenverantwortung der Schüler bauen.

Man kann diese aufgeweckten jungen Menschen gar nicht genug loben für ihren Weitblick. Denn sie haben recht: Durch Hausaufgaben gerät Stress in die Familien, den diese unterschiedlich gut meistern. In entspannten Akademikerfamilien werden die Hausaufgaben oft natürlich betreut – oder es wird Nachhilfe geshoppt. In Familien dagegen, in denen viel gearbeitet wird und weniger Geld da ist, sieht das schon anders aus. Hausaufgaben sind Gift für die Chancengleichheit, um die es ohnehin schlecht bestellt ist in unserem Bildungssystem.

Aber auch jenseits dessen gibt es genug Argumente gegen Hausaufgaben, die man vor allem den genannten, manchmal recht ehrgeizigen Akademikerfamilien nicht müde werden darf einzutrichtern. Die Schule der Gegenwart hat nicht mehr viel zu tun mit der Schule vor 30, 40 Jahren. Dreiviertel der Berliner Grundschüler besuchen Ganztagsunterricht, und nicht nur Gehirnforscher und Entwicklungspsychologen, sondern auch Eltern wie Lehrer, die Augen im Kopf haben, wissen: Kinder haben heute eine ebenso anstrengende Arbeitswoche wie ihre Eltern.

Meine neunjährige Tochter beispielsweise. Sie fährt jeden Morgen um 7.30 Uhr in einer überfüllten S-Bahn mit ihren Freundinnen zur Schule, bewegt sich den ganzen Tag und auch beim Lernen in dieser äußerst mitteilungsfreudigen Clique, rennt von Klassenzimmer zu Mensa, Atelier, in die Werkstatt, in den Musikraum, macht im Hort Zirkus und Schülerzeitung – und fährt mit der überfüllten S-Bahn nach Hause, wo sie um 16.30 Uhr ankommt.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Es bleiben also ganze drei Stunden, in denen sie auch noch essen, den Tag erzählen, Zeug für den nächsten Tag rauslegen muss, manchmal aufräumen, musizieren. Und dann die Hausaufgaben. Eigentlich bräuchte sie die ganzen drei Stunden um allein zu sein, zu schmökern, aus dem Fenster zu gucken.

Manchmal überlegen wir, Robbenfänger in Island zu werden oder Olivenbauer in Italien, um diesem Alltag zu entkommen. Aber Hausaufgaben abschaffen geht auch schon mal in die richtige Richtung.

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