Portrait Christa Schlecker: Es wird einsam um die Schlecker-Frau

Wenn das Urteil im Schlecker-Prozess fällt, könnte Christa Schlecker das einzige Mitglied ihrer Familie bleiben, das noch auf freiem Fuß ist.

Zwei Frauen gehen an einer Hauswand entlang, hinter ihnen ein Polizist

Das Verfahren gegen Christa Schlecker (l) wurde im Mai eingestellt, sie zahlte 60.000 Euro als Auflage Foto: dpa

Wahrscheinlich hat sich Christa Schlecker gefreut, als das Verfahren gegen sie wegen Beihilfe zum Bankrott im Mai eingestellt wurde. Doch wenn es für ihre Familie am heutigen Montag schlecht läuft, könnte es bald sehr einsam werden um die Frau, die das Unternehmen Schlecker maßgeblich geprägt hat.

Die Staatsanwaltschaft am Landgericht Stuttgart fordert für Ehemann Anton und die beiden Kinder Lars und Meike zwischen zweieinhalb und drei Jahren Gefängnis. Aus ihrer Sicht hat Anton Schlecker vor der Schlecker-Insolvenz 2012 mehrere Millionen Euro beiseite geschafft, 25 Millionen Euro soll er an seine Kinder verschoben haben.

In der Öffentlichkeit stand Patriarch Anton Schlecker nie gerne. Auch über Ehefrau Christa ist wenig bekannt. Im tiefsten Ruhrgebiet, in Essen, geboren, verschlug es sie im Jahr 1970 zu einem launigen Tanztee nach Göppingen, Baden-Württemberg. Anton entdeckte die Fremdsprachensekretärin, forderte sie zum Tanz auf, und flott lief es weiter: Cha-Cha-Cha, Jive, Hochzeitstanz. Bereits 1971 kam Sohn Lars auf die Welt, nur zwei Jahre später folgte Tochter Meike.

Anton nahm Christa mit in die Firma, stattete sie mit Macht über das Personal aus. Im Familienimperium teilten sie sich ein Büro, arbeiteten Schreibtisch an Schreibtisch. Das Handelsblatt schreibt: „Anton war keiner, der sich gerne aufregte.“ Soll heißen: Christa durfte die Drecksarbeit erledigen, wurde „die Frau fürs Grobe“, wie Mitarbeitende aus der Zentrale berichten.

Die Geringschätzung für andere verband sie

Wenn Anton ihr etwas zugeraunt habe, das ihm missfiel, soll sie es gewesen sein, die die Ärmel hochkrempelte, tief Luft holte und die Beschäftigten auf den Gängen des Gebäudes zusammenfaltete. Etwa, wenn diese nach zehn Stunden Arbeit nach Hause gehen wollten oder sich weigerten, kurz vor Feierabend noch ganze Papierstapel abzuarbeiten; so stellen es Mitarbeitende im Handelsblatt dar. Anton habe seine Mitarbeitenden für gierig gehalten (während er selbst Telefone in den Filialen aus Kostengründen ablehnte), Christa für faul. Auch diese Geringschätzung für andere verband sie.

Gemeinsam errichteten sie das berüchtigte Kontrollnetz über die Beschäftigten, ließen bespitzeln, Taschen durchsuchen, heimlich mit Kameras überwachen. Dass Mitarbeitende wie Möbel seien, soll Christa Schlecker einst gesagt haben, „wenn sie einem lästig werden, kann man sie verrücken oder rausschmeißen“.

Sie fühlte sich offenbar wohl in der Welt, die sich die Schleckers selbst geschaffen und in der sie sich eingerichtet hatten. In der Märkte sich nicht verändern, Kunden ebenso wenig, und in der Umsätze wachsen, solange man nur immer mehr Filialen eröffnet. In der eine Insolvenz bis zum Geht-nicht-mehr hinausgezögert und verschwiegen wird und man sich dennoch immer irgendwie im Recht sieht.

Doch in genau dieser Welt könnte es um Christa Schlecker bald sehr einsam werden.

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