Tierquälerei in Niedersachsen: Tod auf der Weide

Ein Bauer aus Papenburg lässt seine Kühe qualvoll verenden. Trotz wiederholter Kritik hat das Milchkontor die Zusammenarbeit erst jetzt beendet

eine tote Kuh liegt auf einer Weide. Sie sieht schmutzig aus

Zum Sterben auf die Weide gezerrt: Beweisfotos von Peta dokumentieren die Grausamkeit eines niedersächsischen Bauern Foto: Peta

HAMBURG taz | Die Bilder sind schwer zu ertragen: verdreckte Kuhkadaver, abgetrennte Vorderläufe und abgemagerte Rinder, die auf der Wiese herumliegen, zu schwach um aufzustehen. Die Tierrechtsorganisation Peta veröffentlichte jetzt Fotos von einem Milchbauernhof im Landkreis Emsland, um damit auf die Verwahrlosung und das Elend der Tiere aufmerksam zu machen.

Den Landwirt hat Peta wegen zahlreicher mutmaßlicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und die Tierschutznutztierverordnung bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück angezeigt. „Die Tiere müssen schleunigst beschlagnahmt werden. Wir fordern die Behörden dringend auf, gegen den Tierquäler vorzugehen“, sagt Peta-Sprecherin Lisa Wittmann.

Bei dem Milcherzeuger handelt es sich um einen Zulieferer für das bundesweit größte Molkereiunternehmen Deutsches Milchkontor (DMK). Das wiederum hat erst jetzt die Zusammenarbeit mit dem Landwirt beendet. Obwohl laut Peta bereits wiederholt ähnliche Zustände von AnwohnerInnen auf dem Hof beobachtet worden sein sollen. Der Landwirt kümmere sich nicht um die Tiere und lasse sie im Freien verhungern. „Kühe und Kälber auf diesem Hof in Papenburg sollen weder ausreichend gefüttert noch tierärztlich versorgt werden – offenbar sterben sie über Tage hinweg einen grausamen Tod“, sagt Wittmann.

Bei den Fotos handelt es sich laut Peta um Aufnahmen vom vorigen Winter. Dass sie erst jetzt veröffentlicht werden, liege daran, dass die Behörden trotz vorhandener Hinweise nicht reagiert hätten. „Es hat sich bis heute nichts an der Situation auf dem Hof geändert“, beklagt Peta.

Das Deutsche Milchkontor (DMK) ist die mit Abstand größte Molkerei in Deutschland und hat ihren Hauptsitz im niedersächsischen Zeven. Im letzten Jahr lag der Umsatz bei 5,1 Milliarden Euro.

Das genossenschaftlich organisierte Unternehmen steht insbesondere bei vielen Milcherzeuger*Innen in der Kritik: Europaweit zahlt keine Großmolkerei weniger Geld an ihre Zulieferer als DMK.

In Niedersachsen gibt es derzeit noch rund 10.000 Milchviehbetriebe. Die Zahl ist innerhalb von zehn Jahren um rund ein Drittel gesunken. Knapp 900.000 Milchkühe stehen in niedersächsischen Ställen.

Erst nach Veröffentlichung der Fotos reagierte das DMK

Diesen Vorwurf hingegen wollen sich aber weder die zuständige Staatsanwaltschaft noch das Veterinäramt gefallen lassen. „Die Anzeige von Peta beinhaltet Vorgänge, die sich zwischen Ende Januar und Mitte März zugetragen haben und die nach Strafanzeige durch den Landkreis Emsland im März zwischenzeitlich mit einem Strafbefehl durch die Staatsanwaltschaft Oldenburg abgeschlossen wurden“, heißt es von der Veterinärbehörde. Seitdem habe es aber keine Beschwerden mehr gegeben. Ob es bald zu einem Gerichtsverfahren komme, sei derzeit allerdings noch nicht vorherzusehen, da die zuständige Richterin derzeit krank sei.

Fragwürdig ist, trotz des Entschlusses nun die Zusammenarbeit mit dem Milchbauern zu beenden, das Verhalten von DMK, das die Marke Milram vertreibt. Schließlich sind die Vorwürfe gegen den Milcherzeuger schon länger bekannt. Da passt es nicht, dass das Molkereiunternehmen auf seiner Homepage die eigene Qualitätskontrolle bewirbt, die über die gesetzlichen Pflichten hinausgingen, etwa mit sogenannten „Hofaudits“.

Ein flächen­deckendes Problem, wie es Peta in der Milchviehwirtschaft konstatiert, sieht Tierarzt Jürgen Block nicht

Damit würden „erneut die bauliche Beschaffenheit der Ställe, die hygienischen Zustände und die Tiergesundheit“ kontrolliert. Aber erst jetzt, nachdem Peta die Fotos vom betreffenden Hof veröffentlicht hat, reagierte auch DMK. „Nach Bekanntwerden der von Peta erhobenen Vorwürfe, haben wir die Milchannahme von dem betreffenden Landwirt mit sofortiger Wirkung gestoppt“, heißt es in einer Mitteilung. Zudem verwies das Unternehmen darauf, dass es in engem Kontakt mit der Veterinärbehörde stehe und diese bei der Aufarbeitung unterstütze.

Ein flächendeckendes Pro­blem, wie es Peta in der Milchviehwirtschaft konstatiert, sieht Jürgen Block, Tierarzt im Oldenburger Land, hingegen nicht. „Sicher gibt’s Probleme mit schwarzen Schafen, auch in dieser Branche“, sagt Block, der auch Mitglied im Tierschutzausschuss der niedersächsischen Tierärztekammer ist. Die Kon­trollen seien zwar nicht perfekt, jedoch seien dort irgendwann auch Grenzen des Machbaren erreicht. „Viel mehr, als derzeit kontrolliert wird, kann man nicht machen“, sagt Block.

Problematischer hingegen sei für die Milchbauern weiterhin der niedrige Milchpreis. „Das führt dann eben zu einem Investitionsstau“, sagt Block. Und das wiederum wirke sich mitunter auch auf das Tierwohl aus. „So wie in manchen Geflügelställen sieht es aber zum Glück noch nicht aus“, sagt Block.

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