Rechtskoalition in Österreich: Im Schutz der freiheitlichen Familie

In Kürze wollen ÖVP und FPÖ ihre Koalition verkünden. In Deutsch-Griffen konnten die Rechtspopulisten ihr landesweit bestes Wahlergebnis erzielen.

Ein Hund auf der Kegelbahn

Die Wirtschaft mit Kegelbahn und Jukebox soll bald von der nächsten Generation übernommen werden Foto: Martin Valentin Fuchs

DEUTSCH-GRIFFEN taz | Es gibt einen Tusch, dann setzt sich die Blaskapelle in Bewegung. 38 Musiker in grauen Trachtenjankern und blauen Stutzen. Vorneweg stampft der Stabführer, er gibt den Takt an. Die Kapelle marschiert einmal über den Dorfplatz, dann ist der Bauernmarkt in Deutsch-Griffen eröffnet. Mit Hüpfburg und Streichelzoo für die Kinder, Bier, Schnaps und Essensständen für die Eltern. In der Nähe des Maibaums steht Bürgermeister Michael Reiner, schüttelt Hände und lächelt zufrieden. Er hat allen Grund zur guten Laune. Nirgendwo in Österreich hat seine Partei, die rechtspopulistische FPÖ, bei der Nationalratswahl im Oktober ein so hohes Ergebnis erzielt: 53,8 Prozent.

911 Einwohner hat die Gemeinde. 300 wohnen im Ort selbst, da wo heute Bauernmarkt ist. Der Rest wohnt auf den Talhängen verteilt oder noch weiter oben, in den Wäldern. Viermal am Tag kommt der Bus und holt die Schulkinder ab. Die Post hat vor Jahren zugemacht. Und sonst? Vier Gasthäuser, eine Kirche, ein Feuerwehrauto, eine Kegelbahn, eine Raiffeisen-Bank und ein Zigarettenautomat aus der Zeit vor dem EU-Beitritt, als man in Österreich noch mit Schilling bezahlte. Die Ortsstraße, auf der die Blaskapelle aufmarschiert, verläuft sich irgendwann, wird enger, holpriger und hört dann ganz auf.

Deutsch-Griffen ist eine Sackgasse, in der die FPÖ seit 1958 die Vormachtstellung hält. Und das, obwohl die klassischen Themen der Partei, Migration und Asyl, hier niemanden direkt betreffen.

Kärnten, das südlichste Bundesland Österreichs, ist das Stammland der FPÖ. Hier begann ab 1989 der Erfolg der Freiheitlichen, der Blauen. Hier stellten sie mit Jörg Haider den ersten blauen Landeshauptmann – und das bis zu dessen Tod 2008, fast zehn Jahre in Folge. Hier holten sie bei der Landtagswahl 2004 ihr Rekordergebnis: 42,5 Prozent.

In Deutsch-Griffen, im Norden von Kärnten, stellt die FPÖ seit 1958 den Bürgermeister. Haiders Nachfolger im Amt des Landeshauptmanns, Gerhard Dörfler, kommt von hier.

Protest gegen zweisprachige Ortstafeln

Ein Grund für den Erfolg der FPÖ in Kärnten ist die Südgrenze. Im Ersten Weltkrieg wurden große Teile Südkärntens vom damaligen Königreich Jugoslawien besetzt. Ein Abwehrkampf folgte, dann eine Volksabstimmung. Am Ende blieb Kärnten bei Österreich, doch eine slowenischsprachige Minderheit blieb. Gegen diese Minderheit, die Kärntner Slowenen, hat die FPÖ stets Stimmung gemacht. Als in den Siebzigern zweisprachige Ortstafeln aufgestellt wurden, kam es zum sogenannten Ortstafelsturm. Kärntner beschmierten und demolierten die Tafeln.

Eine slowenischsprachige Minderheit gibt es in Deutsch-Griffen nicht. Trotzdem ist die Gemeinde heute so etwas wie Kärntens blaues gallisches Dorf, stets verteidigt gegenüber ÖVP oder SPÖ. Hier lässt sich der Erfolg der FPÖ begreifen.

Die klassischen Themen der FPÖ, Migration und Asyl, betreffen hier niemanden direkt

An der Bushaltestelle gegenüber dem Gasthaus Moserwirt schenkt Verena Brandstätter, 22, himbeerrote und apfelgrüne Schnäpse aus – eine provisorische Bar. Brandstätter spielt Querflöte in der Kapelle und engagiert sich in der Landjugend. 22 Vereine gibt es in Deutsch-Griffen, vom Jägerverband über die Trachtengruppe bis zur freiwilligen Feuerwehr.

Die Gemeinschaft ist der Grund, warum Brandstätter geblieben ist. Sie will hier ein Haus bauen, Kinder großziehen, alt werden. Ein konservativer Traum, den auch der Michl verkörpert, so rufen die Jungen Bürgermeister Reiner. Der – ein freundlicher Mittdreißiger, frisch rasiert und mit Lachgrübchen in den Wangen – steht jetzt neben Verena Brandstätter an der Bushaltestelle und zeigt der Landjugend Fotos von seinem Sohn, der vor ein paar Tagen auf die Welt gekommen ist.

Reiner hat auf dem ersten Blick wenig mit den rechten Parteikalibern in Wien zu tun. 30 Stunden die Woche unterrichtet er Medizintechnik an der Fachhochschule in Klagenfurt. Mittwochs und freitags sitzt er im Gemeindeamt und macht Lokalpolitik. Als die Post abgewandert ist, hat Reiner angeboten, dass man Briefe in Zukunft in seinem Büro abgeben kann. Er hat einen Bonus für Jungfamilien eingeführt: Wer unter 35 ist bekommt pro Jahr eine Monatsmiete, etwa 450 Euro, in Form von Gutscheinen für die lokalen Gasthäuser und Supermärkte, rückerstattet. Wer sich in Deutsch-Griffen niederlässt, erhält zusätzlich einen Bauzuschuss von 3.500 Euro. Reiner hat eine Busumkehrschleife bauen lassen, um den öffentlichen Verkehr zu stärken, und eine Bushaltestelle mit Steckdose und elektronischer Anzeigetafel – beides betrieben mit Solarenergie.

Die Wahl Am 15. Oktober wurde in Österreich gewählt. Klarer Sieger der Nationalratswahl war Sebastian Kurz von der Österreichischen Volkspartei. Seine ÖVP gewann 31,6 Prozent der Stimmen. Die SPÖ landete mit 26,9 Stimmen auf dem zweiten Platz – dicht gefolgt von der rechtspopulistischen FPÖ mit 26 Prozent. Zuvor war die Große Koalition aus ÖVP und SPÖ zusammengebrochen, weswegen neu gewählt werden musste.

Die Koalition Die Österreicher sind die Große Koalition leid, die 44 der 72 Jahre seit 1945 geprägt hat. Schnell nach der Wahl war deshalb klar: Die wahrscheinlichste Koalition ist die aus ÖVP und FPÖ. Die ÖVP ist unter Sebastian Kurz nach rechts gerückt. Kurz hat der Partei eine neue Farbe, Türkis, verliehen und mit Themen der Rechtspopulisten Wahlkampf gemacht: Angst vor dem Islam, vor Flüchtlingen und Ausländern.

Die Verhandlungen Seit sechs Wochen stecken ÖVP und FPÖ die Köpfe zusammen. Der Themenbereich Sicherheit, Ordnung und Heimatschutz war schnell verhandelt: Abschiebungen sollen forciert, doppelte Staatsbürgerschaften verhindert und das Budget fürs Heer erhöht werden. Zukünftig soll es außerdem mehr Videoüberwachung, automatische Kennzeichenerfassung und eine Überwachung von Messengerdiensten geben. Knackpunkte waren zum Beispiel die von der FPÖ geforderte Stärkung der direkten Demokratie und eine Reform der Sozialversicherung – obwohl sich beide Parteien einig sind, dass das Sozialsystem schlanker werden soll.

Mit der Bundespolitik der FPÖ hat das wenig zu tun. Vier Milliarden will die Partei bei Sozialausgaben kürzen. Sie will das Pensionsalter anheben, nennt eine Erbschaftssteuer „unfair“ und fordert Steuererleichterung für Großverdiener und Unternehmer.

Vieles von dem, was seine Parteikollegen in Wien sagen und tun, kann Michael Reiner nicht nachvollziehen – zum Beispiel, dass sie in völkischen Verbindungen sind. Er bezeichnet sich als liberal. Nicht aus ideologischen Gründen sei er bei der FPÖ gelandet, sondern aus Zufall, erzählt er eines Abends im Moserwirt. Irgendwann, als er noch Obmann der Landjugend war, hat der ehemalige Bürgermeister an seine Tür geklopft. Ob er nicht ein bisschen mitarbeiten wolle?

Dann ging alles sehr schnell. Ein Platz im Gemeinderat mit 24, Vizebürgermeister mit 27 und mit 30 die Wahl zum Bürgermeister. Skandalaussagen hört man von Reiner keine. Er haut nicht auf den Tisch, sondern faltet die Hände und lächelt. Dass er die Flüchtlingskrise kurz darauf mit einer Völkerwanderung vergleicht, fällt da fast gar nicht mehr auf.

Die FPÖ kollektiv mit Neonazis und Rechtsextremisten gleichzusetzen ist falsch und könnte ihr noch mehr Protestwähler in die Arme treiben. Vor allem aber lenkt es davon ab, dass Heinz-Christian Strache, Bundesobmann und nächster Vizekanzler, wirklich einmal überzeugter Neonazi war. Strache war Teil einer deutschnationalen Burschenschaft und der Wiking-Jugend, die in der Tradition der Hitler-Jugend stand. 2007 wurden Fotos öffentlich, die Strache bei Wehrsportübungen in einem Wald zeigen. Er trägt Camouflage-Uniform, Sturmmaske und Waffe. „In Deutschland hätten solche Enthüllungen wohl das Ende einer politischen Karriere bedeutet“, war kürzlich in der Süddeutschen Zeitung zu lesen.

Werner Mattersdorfer, ÖVP

„Die Gemeindepolitik istfür mich nur noch Zeitverschwendung“

In Österreich scheint man sich an derartige Skandale gewöhnt zu haben. Trotz antisemitischer Ausrutscher und fremdenfeindlicher Parolen ist die FPÖ heute erfolgreicher denn je. „Die ÖVP unter Sebastian Kurz hat die Positionen der FPÖ endgültig salon- und mehrheitsfähig gemacht“, sagt die Journalistin Anneliese Rohrer, eine der scharfsinnigsten Beobachterinnen der österreichischen Innenpolitik, bei einem Treffen in einem Wiener Café. „Beide Parteien, die ÖVP und die FPÖ, unterscheiden zwischen unseren Leuten, also den Österreichern, und den anderen, also den Ausländern“, so Rohrer. Das mache auch die AfD gern. Aber im Vergleich zur FPÖ sei die Alternative für Deutschland ein sehr junges Phänomen. Die FPÖ ist inzwischen eine altgediegene Volkspartei.

Entstanden ist die FPÖ aus dem „Verband der Unabhängigen“, VdU, einem 1949 von den West­alliierten akzeptierten Sammelbecken für ehemalige NSDAP-Mitglieder. Ursprünglich stand der VdU der Kirche ablehnend gegenüber. Die FPÖ hat später mit dieser Parteitradition gebrochen. Strache ließ sich 2009 firmen. Im selben Jahr trat er bei einer Demonstration gegen einen Moscheebau in Wien mit einem Kruzifix ans Rednerpult. „Unter Strache wird die FPÖ zum Verfechter des Christentums und findet im Islam ein neues Feindbild“, sagt Oliver Rathkolb, Vorsitzender am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien.

Provokante Sprüche

Ende der Achtziger habe Jörg Haider, unter dem die FPÖ bei der Nationalratswahl 1999 mit 26,9 Prozent bundesweit ihr Rekordhoch einfuhr, die Flucht- und Migrationsbewegungen für sich genutzt. Der Landeshauptmann machte mit Slogans wie „Kärnten wird tschetschenenfrei“ Politik. Provokante Sprüche, die für Aufmerksamkeit in den Medien sorgen – diese Taktik verfolgt auch die AfD, so wurde Donald Trump Präsident der USA. 2008 verunglückte Haider bei einem Autounfall. Sein Nachfolger, der Deutsch-Griffner Gerhard Dörfler, leitete seine Trauerrede mit diesem Satz ein: „Heute ist in Kärnten die Sonne vom Himmel gefallen.“

Im Moserwirt, wo Zigarettenschwaden im schummrigen Licht hängen, spricht man von Haider, als sei er noch am Leben. Es gibt die Legende, dass er jedem Kärntner dreimal die Hand geschüttelt hat. Bürgermeister Reiner kann sich genau an jeden Händedruck erinnern. Er nimmt einen Schluck Radler, denkt kurz nach und zählt auf: „bei einer Straßeneinweihung, nach einem Marathon am Wörthersee, beim Flanieren in einer nahegelegenen Stadt“.

ichael Reiner, Bürgermeister von Deutsch-Griffen

Michael Reiner, Bürgermeister von Deutsch-Griffen, sagt, er sei aus Zufall bei der FPÖ gelandet Foto: Martin Valentin Fuchs

Inhaltlich und rhetorisch haben Reiner und Haider wenig gemein. Aber auch Reiner hat verstanden, wie man Menschen, die sonst wenig mit Politik zu tun haben, für die FPÖ begeistern kann. Nicht mit Wahlplakaten oder Wutreden, nicht einmal mit Hausbesuchen. Reiner geht zu den Vereinsfesten, Bauernmärkten und ins Gasthaus. Er bezeichnet seine Wähler als „freiheitliche Familie“ und bindet sie so noch enger aneinander. Er geht auf die Jungen zu, bietet ihnen Listenplätze an, auch wenn sie noch wenig Erfahrung haben.

„Die Wahlwerbung aus Wien funktioniert bei uns gar nicht“, sagt Reiner. Auf FPÖ-Plakaten stand während der Wahl: „Die Islamisierung gehört gestoppt!“ Oder: „Wir geben euch zurück, was sie auch nehmen!“ In die Ortsschule von Deutsch-Griffen gehen nur österreichische Kinder. Kein Ausländer nimmt deren Eltern Wohnungen oder Jobs weg. „Ganz im Gegenteil“, sagt Bürgermeister Reiner und lacht, „wir hätten sehr gerne, dass sich jemand bei uns niederlässt.“

Deutsch-Griffen musste nie einen Flüchtling aufnehmen. Dennoch: „Das Ausländerthema war führend, wie ein Phantomschmerz, den man spürt, obwohl es nirgends wehtut.“ Das sagt Walfried Prodinger, der einzige Gemeinderat der SPÖ. Auf einem Hügel über dem Dorf liegt sein Hof, den er vom Vater übernommen hat: ein paar Kühe, Schweine und Ziegen. Rund um den Hof erstreckt sich dichter, dunkler Fichtenwald, davor endet die asphaltierte Straße. Man kommt nur noch zu Fuß weiter.

Walfried Prodingers Karriere als Gemeindepolitiker stagniert. Nur noch 85 Deutsch-Griffner und damit 16,4 Prozent haben bei der Natio­nalratswahl die SPÖ gewählt, der Großteil der Wähler kommt aus seinem direkten Umfeld, dem roten Pensionistenverband. Für einen Altfunktionär wie Prodinger, der seit 45 Jahren bei der Partei ist, ist das ein bitteres Ergebnis. Auf Bundesebene belegte die SPÖ mit 26,9 Prozent immerhin den zweiten Platz.

In den Siebzigern, als die Sozialdemokraten unter Bundeskanzler Bruno Kreisky drei Mal die absolute Mehrheit gewannen, war das „Klinkenputzen“ noch eine schöne Sache, erzählt Prodinger, während er über den Hof führt. Heute macht er immer noch Hausbesuche, aber wenn ihn die Leute in die Häuser lassen, dann wollen sie nicht über eine Vermögensteuer sprechen, sondern darüber, dass das Sozialsystem durch die Zuwanderung bedroht ist.

Wenn er über die Hypo spricht – den größten Bankenskandal in Österreich seit 1945, für den die FPÖ unter Jörg Haider verantwortlich war –, hört keiner richtig hin. Am Abend, wenn er im Moserwirt auf ein Bier einkehrt, reichen ihm die Stammgäste ein blaues FPÖ-Feuerzeug, um seine Zigarette anzuzünden. Darauf steht: „Die soziale Heimatpartei“. Die FPÖ fischt Prodinger mit ihrem Jungfamilienbonus und dem Baukostenzuschuss die Wähler weg.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Die 28-jährige Yvonne Glanzer zum Beispiel, die mit ihrem Mann und zwei kleinen Töchtern im Dorfzentrum lebt. Irgendwann will sie die Gastwirtschaft mit Kegelbahn und Jukebox ihrer Mutter übernehmen. Vor ihren Schwangerschaft hat sie für einen Malerbetrieb gearbeitet. Danach hat sie sich arbeitslos gemeldet und erfahren, dass sie lediglich 41 Euro Notstandshilfe und 400 Euro Kindergeld bekommt, weil ihr Mann Vollzeit arbeitet. Die Jungfamilie muss mit etwa 1.900 Euro auskommen und den Kredit für die Renovierung des Hauses abbezahlen.

„Ansparen können wir nichts“, sagt Bernd Glanzer. Yvonne Glanzer und er haben Angst, dass es für sie und ihre Kinder nicht mehr aufwärtsgeht. Sie sind nicht rechtsradikal, sondern sehen sich wie viele andere FPÖ-Wähler als Verlierer – der EU-Erweiterung, der Digitalisierung, der internationalen Freihandelsabkommen. Sie ziehen sich dahin zurück, wo die Welt noch in Ordnung ist, in Kärnten.

In ihrer heilen Welt wollen die Deutsch-Griffner sich nicht von der Politik vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben. Die Wirte klagen über die Bürokratie, die Bauern über undurchsichtige EU-Fördersysteme, der Stammgast im Wirtshaus über den Gender-Wahn. Man will so weitermachen wie zuvor. Und hat Angst, auf der Strecke zu bleiben, nur weil man hinten im Tal lebt.

Die Bevölkerung wird immer älter

Diese Angst hat nicht nur Bürgermeister Michael Reiner erkannt, sondern auch sein Vize, Werner Mattersdorfer von der konservativen ÖVP: Förster, Biolandwirt, Bauernbündler. Sein Hof, der seit 200 Jahren im Besitz der Familie ist, liegt auf 1.150 Höhenmetern. Mattersdorfer, der hier oben mit seiner Frau und zwei Söhnen lebt, versteht es, Globales mit Lokalem zu verbinden. Zum Beispiel das Fichtensterben mit der Erderwärmung. Die Gemeindepolitik sei für ihn nur noch „Zeitverschwendung“, erzählt er an seinem Küchentisch. Er tue sich schwer, junge Gesichter für die Gemeindeliste der ÖVP zu mobilisieren. In Deutsch-Griffen wird die Bevölkerung immer älter. Unternehmen wollen sich nicht ansiedeln, „weil die Transportwege lang und teuer sind“.

Jeden Morgen, wenn es noch dunkel ist, stehen die Deutsch-Griffner auf, steigen in ihre Autos und nehmen die kurvige Straße hinunter ins Tal. 300 Höhenmeter, 22 Kilometer oder noch weiter. Abends kehren sie zurück. Die einzige Partei, die im Wahlkampf entlang der Dorfstraße plakatiert hat, waren die Grünen. Auf dem Plakat stand: „Sei ein Mann, wähl eine Frau!“ Sie haben 2 Stimmen bekommen.

Mit solchen Sprüchen kann man im Moserwirt niemanden überzeugen. Dort sitzt Johnny, zieht Schnupftabak durch die Nase und sagt: „Frauen sind wie Autos. Man muss sie bewegen.“ Oder, zur Wirtin: „Hast keinen Geschirrspüler für die Gläser? Aber mit der Hand machen es die Frauen eh am besten.“ Dann lachen alle, nur die Wirtin nicht. Und Johnny sagt: „Schatzi, gibst mir noch ein Bier?“

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