Nach Angriff auf Moschee in Ägypten: Blutigster Anschlag in der Geschichte

Mindestens 235 Menschen sterben beim Anschlag auf die Moschee im Nordsinai. Bisher hat sich noch niemand dazu bekannt – es gibt aber Theorien.

Männer sitzen um einen Tisch, darunter auch der ägyptische Präsident

Präsident Abdel Fattah El-Sisi brät sich nach den Anschlägen Foto: imago/ZUMA

KAIRO taz | Das Attentat auf eine Moschee im Norden der Sinai-Halbinsel während des Freitagsgebets, bei dem mindestens 235 Menschen ums Leben kamen, war der blutigste Anschlag in der Geschichte Ägyptens. Und das will etwas heißen, in einem Land, das in den letzten Jahrzehnten immer wieder Anschläge seitens militanter Islamisten auf Sicherheitskräfte, Christen und Touristen erlebt hat.

Fast stündlich ging nach dem Freitagsgebet die Zahl der Todesopfer des Anschlags in Bir al-Abed nach oben. Augenzeugen berichteten, dass zunächst mehrere Sprengsätze an der Moschee explodierten. Es hielten vier geländegängige Fahrzeuge und eine Gruppe Männer eröffnete das Feuer auf die aus der Moschee fliehenden Menschen. Später nahmen sie sogar jene Krankenwagen unter Feuer, die versuchten die Verletzten abzutransportieren.

Über die sozialen Medien wurden grauenvolle Bilder veröffentlicht – von Reihen über Reihen in blutige Leichentücher gewickelte Tote im Inneren der Moschee. Keiner hat bisher Verantwortung für das Attentat übernommen. Im Nordsinai befindet sich die ägyptische Polizei und Armee seit Jahren in einem immer weiter eskalierenden Kleinkrieg zwischen militanten Islamisten, die dort vor zwei Jahren eine Zweigstelle des sogenannten „Islamischen Staats“ (IS) mit dem Namen „Provinz Sinai“ ausgerufen hatten. Der Anschlag auf die Moschee hat aber eine neue Qualität, die an ähnliche Terroroperationen militanter Islamisten auf schiitische Moscheen im Irak erinnert, wenngleich es sich hier erstmals um eine Attacke auf eine sunnitische Moschee handelt.

Die mit Abstand bisher meisten Opfer der militanten Islamisten im Nordsinai waren Angehörige der Sicherheitskräfte, etwa bei Attacken auf Straßenkontrollpunkte oder Polizeistationen. Vor einigen Monaten gab es auch eine Anschlagsserie gegen die christliche Minderheit im Nordsinai, die zu einem christlichen Exodus aus der Region geführt hatte.

Staatstrauer und Ausgangssperre

Es gibt zwei Theorien, warum gerade diese Moschee zum Ziel wurde. Sie ist bekannt dafür, dass sie oft von Sufis frequentiert wird, Gläubige einer eher spirituellen Lesart des Islam, die unter militanten Islamisten mit ihrer rigiden Interpretation des Koran verhasst sind. Mehrmals wurden im Nordsinai heilige Stätten der Sufis von militanten Islamisten zerstört. Letztes Jahr wurde auch einer der prominenten Sufi-Scheichs der Region ermordet.

Möglich ist aber ebenfalls, dass die Moschee angegriffen wurde, weil in dem Ort vorwiegend Angehörige des beduinischen Sawarka-Stammes leben, der in dem Ruf steht mit den Sicherheitskräften zu kooperieren. Es könnte sein, dass mit dem Anschlag also alte Rechnungen beglichen werden sollten.

Die Reaktion des Staates war absehbar. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah El-Sisi erklärte in einer Fernsehansprache, dass er mit brutaler Gewalt gegen die Attentäter vorgehen wolle. Außerdem verkündete eine dreitägige Staatstrauer. Kurz darauf flog die ägyptische Luftwaffe mehrere Angriffe im Nordsinai. Es ist aber unwahrscheinlich, dass es sich dabei um gezielte Attacken gegen die Angreifer gehandelt hatte. Am Abend nach dem Anschlag wurde auch eine nächtliche Ausgangssperre über den Nordsinai verlegt.

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