Stadt in Drohgebärde

GÄNGEVIERTEL Schwarz-grüne Koalition droht Investor Hanzevast mit dem Ende der Fahnenstange. Opposition mahnt Lösung im Sinne der Künstler an

Beinahe beschwörend mahnten VertreterInnen von Schwarz-Grün zur Besonnenheit

Die Debatte war eher vernebelnd als erhellend. Eineinhalb Stunden lang diskutierte die Hamburger Bürgerschaft in der Aktuellen Stunde am Mittwoch über das Gängeviertel – und das greifbarste Ergebnis lieferte der CDU-Abgeordnete Jörg Hamann. „Unsere Geduld hat ein Ende“, warnte er den inzwischen auch beim Senat ungeliebten Investor Hanzevast. Wenn der nicht konstruktiv verhandeln wolle, dann werde er erfahren: „Hamburg kann auch anders.“

Bei der ersten Debatte vor zwei Monaten hatte Hamann noch der Linkspartei unterstellt, im Gängeviertel „einen sozialistischen Streichelzoo“ eröffnen zu wollen. Davon war gestern keine Rede mehr: „Wir wollen ein lebendiges Gängeviertel“, treuherzte Hamann, „das wollten wir schon immer“.

Die Oppositionsfraktionen von SPD und Linke stellten sich einhellig hinter die Künstlerinitiative, die im August das leerstehende historische Ensemble in der Innenstadt besetzt hatte. Und auch hinter das vorige Woche von Kulturschaffenden wie Peter Lohmeyer, Ted Gaier und Rocko Schamoni veröffentlichte Manifest gegen Gentrifizierung. Unter dem Titel „Not In Our Name, Marke Hamburg“ fordern darin inzwischen rund 2.600 Unterzeichner: „Die Stadt gehört allen.“ Sie betonten: „Wir wollen keine günstigen Ateliers als Alibi einer Stadt, die nur für die Besserverdienenden da ist.“ „Auch die Nicht-Besitzenden haben ein Recht auf Stadt“, unterstützte Norbert Hackbusch (Linke) sie in der Parlamentsdebatte, der Senat „missbraucht Künstler als Standortfaktoren“, kritisierte Christel Oldenburg (SPD).

Beinahe beschwörend mahnten hingegen VertreterInnen von Schwarz-Grün zur Besonnenheit. Es dürfe „keine Zwischenmeldungen“ geben, um die Verhandlungen mit Hanzevast nicht zu gefährden, sagte Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos). Der Senat wolle ja das städtebauliche Konzept so ändern, „dass im Gängeviertel auch für die Künstler Platz ist“, versicherte Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL). Und GAL-Fraktionschef Jens Kerstan ergänzte, dass die öffentliche Debatte „den Preis in die Höhe treibt“. Die Zustimmung des Investors, der einen gültigen Vertrag habe, dürfe Hamburg sich nicht „mit einem goldenen Handschlag für Hanzevast erkaufen“.

Der Erstunterzeichner des Manifests Peter Lohmeyer dreht übrigens seit Mittwoch in Hamburg einen TV-Krimi. Er müsse, teilte die ARD mit, „zwischen Mythen, Sagen, Visionen und Fakten“ ermitteln. Wie im Gängeviertel. SVEN-MICHAEL VEIT