Berichte über Anti-Israelische Proteste: Alles nur abgeschrieben

Skandierten Demonstranten in Berlin auf Demos „Tod den Juden“, wie vielfach berichtet? Laut der Recherche eines medienkritischen Blogs stimmt das nicht.

Demoteilnehmer verbrennen Fahne

Teilnehmer einer Demo verbrennen am 10. Dezember eine selbstgemalte Fahne mit einem Davidstern in Neukölln. Foto: dpa/Jüdisches Forum für Demokratie

„Tod den Juden“: Dieser antisemitische Slogan wurde laut diversen Presseberichten und Aussagen von Politikern auf den Berliner Kundgebungen gegen die Jerusalem-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump am vorletzten Wochenende massenhaft skandiert. Nach einer Recherche des Blogs „Übermedien“ handelt es sich dabei jedoch um eine Ente.

Richtig sei, so die „Übermedien“-Autorin, dass vor der US-Botschaft am Brandenburger Tor und auf der Neuköllner Sonnenallee israelfeindliche Slogans gerufen wurden („Kindermörder Israel, Zionisten gleich Faschisten“). Dies habe die Polizei bestätigt. Auch sei von Teilnehmern auf Arabisch gerufen worden, „Khaybar, Khaybar, oh ihr Juden, die Armee Mohammeds wird wiederkehren“. Es handelt sich um die verbreitete Anspielung auf eine Schlacht, bei der der islamische Religionsgründer einen feindlichen jüdischen Stamm besiegt haben soll.

Dafür, dass die Masse der Demonstranten „minutenlang“ den Ruf „Tod den Juden“ skandiert habe, gibt es laut „Übermedien“ hingegen keinen Beleg, obwohl viele Videos im Netz kursieren. Offenkundig übernahmen alle weiteren Berichterstatter die Behauptung aus den Texten eines Autors von Berliner Kurier und Berliner Zeitung.

„Berliner Zeitung“ korrigiert Darstellung

Dieser, so „Übermedien“, habe auf Nachfrage eingeräumt, dass die Schilderung nach Bearbeitung seiner Texte durch die Redaktion „maßlos übertrieben“ sei. Er will den Spruch von einer kleinen Gruppe am Rande der Kundgebung gehört haben. Berliner Kurier und Berliner Zeitung haben die Darstellung inzwischen korrigiert.

Welche Emotionen die Demonstrationen und die Berichte darüber ausgelöst haben, wurde zuletzt auch durch einen umstrittenen Facebook-Post von Arye Sharuz Shalicar deutlich. Der frühere Berliner HipHopper, der später Sprecher der israelischen Armee war und heute beim israelischen Nachrichtendienst arbeitet, wandte sich am 15. Dezember 2017 „an all diejenigen in Deutschland, die denken, dass sie den Davidstern öffentlich verbrennen können, ohne dafür bestraft zu werden. WIR wissen, WER ihr seid, WO ihr seid und Wie WIR EUCH zur Rechenschaft ziehen können. WIR bestimmen Zeitpunkt und Ort. Lebt mit der Angst!“ Mittlerweile hat Shalicar den Post gelöscht.

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