Sieger der Präsidentschaftswahl in Chile: Der lächelnde Milliardär

Sebastian Piñeras erste Amtszeit als Präsident löste Massenproteste aus. Dennoch wurde der Milliardär am Sonntag ein zweites Mal gewählt.

Ein alter Mann lacht und hebt die Hände

Dauerlächeln als Markenzeichen: Sebastian Piñera Foto: dpa

Mit 54,6 Prozent der Stimmen hat Sebastián Piñera am Sonntag überraschend deutlich die Stichwahl um das Präsidentenamt in Chile gewonnen. Zum zweiten Mal löst der 68-jährige Milliardär damit die sozialistische Präsidentin Michelle Bachelet ab. Dem Verlierer Alejandro Guillier blieb mit 45,4 Prozent nur, dem dauerlächelnden Gewinner zu gratulieren.

Mit rund 2,3 Milliarden Euro ist Piñera einer der zehn vermögendsten ChilenInnen. In der Liste der reichsten Menschen der Welt des US-Magazins Forbes liegt er aktuell auf Platz 745.

Dennoch gibt er sich gerne als Abkömmling der Mittelklasse, der sich dank seiner Hartnäckigkeit und Ausdauer einen Studienplatz für Betriebswirtschaft an der Katholischen Universität in der Hauptstadt Santiago erobern konnte. Später promovierte er mit Hilfe eines Stipendiums in Wirtschaftswissenschaften an der Harvard Universität in den USA.

Politisch stammt Piñera aus einer christdemokratischen Familie. Er sei nicht den Christdemokraten sondern der rechtskonservativen Partei „Nationale Erneuerung“ (RN) beigetreten, weil er sich dort mehr Chancen auf eine Präsidentschaftskandidatur erhofft habe, wird gemunkelt.

Piñeras erste Amtszeit: Massenproteste an den Unis

Von 1990 bis 1998 saß er für die RN im Senat. Bei seinem ersten Anlauf, Präsident zu werden, scheiterte er 2005 in der Stichwahl an Präsidentin Michelle Bachelet. Im zweiten Anlauf gelang ihm fünf Jahre später der Sieg in der Stichwahl gegen den Christdemokraten Eduardo Frei.

Innenpolitisch war seine erste Amtszeit von 2010 bis 2014 von massiven Demonstrationen geprägt. Fast wöchentlich gingen die Studierenden gegen seine Bildungspolitik auf die Straßen und forderten den kostenlosen Zugang zu Schulen und Universitäten.

Zudem formierte sich eine Umweltbewegung, die erstmals mit großen Demonstrationen auf sich aufmerksam machte. Am Ende seiner Amtszeit waren seine Sympathiewerte im Keller. Umso erstaunlicher ist, dass viele der Unzufriedenen von damals am Wahlsonntag nicht gegen sein Comeback stimmten.

Stattdessen sehnte sich die Mehrzahl der ChilenInnen offensichtlich nach den jährlichen fünf prozentigen Wachstumsraten während seiner ersten Amtszeit. Die verdankte das Land allerdings weniger Piñeras Wirtschaftspolitik als vielmehr dem hohen Weltmarktpreis für Kupfer, der seit Jahrzehnten den ökonomischen Rhythmus im Andenstaates bestimmt.

Reich geworden in der Diktatur

Kupferpreis und Wachstumsrate waren unter Bachelet empfindlich gefallen. Seit Piñera vergangenen März seine Kandidatur bekanntgab, ist der Leitindex der Santiagoer Börse bereits um 20 Prozent gestiegen. Und als habe auch der Kupferpreis nur auf ihn gewartet, zeigt auch er seit einigen Monaten eine ansteigende Form.

Sein Vermögen machte Piñera vorwiegend mit Immobilien-, Finanz- und Börsengeschäften, den Löwenanteil während der Diktatur von Augusto Pinochet (1973-1990). Mehrmals soll er dabei mit Insiderwissen billig eingekauft und dann auf die Wertsteigerungen gewartet haben. Im Unternehmerlager hat er deshalb nicht viele Freunde und gehört keinem Unternehmerverband an.

Von eventuellen Verstrickungen mit der Diktatur versucht sich Piñera stets mit seinem Engagement gegen eine Amtsverlängerung Pinochets abzugrenzen. Damals, 1988, sprach sich die Mehrheit der ChilenInnen in einer Volksabstimmung gegen eine weitere Amtszeit Pinochets aus. Ein Jahr später fanden die ersten freien Wahlen nach der Diktatur statt.

Nach seinem Amtsantritt 2010 hatte Piñera sich zögerlich, aber wie von der Verfassung vorgeschrieben, von seinen Unternehmensbeteiligungen getrennt. So war er unter anderem Mehrheitseigner der erfolgreichen Fluggesellschaft LAN, besaß den Fernsehkanal Chilevisión und war Hauptaktionär bei Chiles wichtigstem Fußballclub Colo Colo, weshalb er schon mal als chilenischer Berlusconi bezeichnet wurde.

Doch schlüpfrige Skandale wie der ehemalige italienische Regierungschef liefert er keine. Piñera hält das traditionelle Familienbild aufrecht. Nicht nur bei der Siegesfeier am Wahlabend stand die Familie ordentlich aufgereiht mit auf der Bühne: Ehefrau Cecilia Morel, die vier Kinder und immer auch eines der vielen Enkelkinder.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.