Korea-Experte über Olympia-Einigung: „Gut fürs ramponierte Image“

Nordkorea will sich die Olympischen Spiele zu Nutze machen, sagt Rüdiger Frank. Die positive Stimmung könne aber sehr bald wieder umschlagen.

Zwei Männer gucken nach vorne und reichen sich die Hand. Zwischen ihnen sind die Tischseitenenden

Händeschütteln: Nordkoreas Delegationsleiter Ri Son Gwon und sein südkoreanisches Gegenüber Ch Myoung-gyon beim Treffen Foto: reuters

taz: Herr Frank, erst Raketentest und Bombendrohungen, dann Gespräche. Was bewegt Kim Jon Un?

Rüdiger Frank: Nordkorea hat das langfristige strategische Ziel der Wiedervereinigung, auch wenn sich das derzeit unrealistisch anhört. Dazu muss Kim seinen eigenen Leuten und auch dem Süden ab und zu signalisieren, dass er interessiert und auch aktiv ist. Hinzu kommt der Versuch, Südkoreas momentane Schwäche – die wollen ja friedliche und störungsfreie Spiele – auszunutzen, um möglichst viele Konzessionen zu erreichen. Das können Wirtschaftshilfen sein, eine Wiederaufnahme des innerkoreanischen Tourismus, und Druck auf die USA wegen der Militärmanöver.

Was ist diesmal anders als bei früheren Annäherungsversuchen – die ja immer wieder in neue Eiszeiten führten?

Eigentlich nicht viel, außer den unmittelbar anstehenden Olympischen Spielen, die den Erfolgsdruck für Südkorea erhöhen, und natürlich den Sanktionen, die härter sind als je zuvor. Diese werden auch dieses Mal Nordkorea nicht umstimmen, aber sie wirken trotzdem. Langfristig bin ich nicht sehr optimistisch; an irgend einem Punkt werden sich die zwei Seiten nicht mehr einigen können, und dann kann die gegenwärtige kooperative Stimmung ganz schnell ins Gegenteil umschlagen. Das hatten wir schon so oft, besonders 2005 und 2012.

Es gibt widersprüchliche Berichte über ein Wachstum von 4 Prozent und eine drohende Hungersnot. Was hat sich verändert in Nordkorea, wirtschaftlich und sozial

In Nordkorea hat um das Jahr 1999 ein Prozess der Liberalisierung und der Öffnung eingesetzt, der sehr langsam und mit Unterbrechungen, aber doch stetig vorangeschritten ist. Dem Land geht es trotz Sanktionen deutlich besser als vor 20 Jahren. Vor allem hat sich eine Mittelschicht herausgebildet, die es so vorher nicht gab.

Der 1969 geborene Ökonom und Ostasienwissenschaftler ist Professor in Wien. Er hat unter anderem in Pjöngjang studiert und besucht Nordkorea häufig.

Welche Rolle spielen die Olympischen Spiele?

Das ist eine kurzfristige Geschichte, die ab März keine Rolle mehr spielen wird, bis dahin aber Südkorea erpressbar macht.

Hat Trump mit seinen Drohungen Erfolg gehabt?

Nicht mehr und nicht weniger als seine Vorgänger. Er hat Nordkorea schwer geschadet, es aber nicht vom Atomwaffen­programm abbringen oder in den Regimekollaps treiben können.

Was tut China gerade? Was Russland?

China wartet ab, ebenso Russland. Beide sind vor allem daran interessiert, die Bedeutung der USA in der Region zu reduzieren. Die Verschiebung der Manöver wird ihnen gefallen.

Was haben die Nordkoreaner von ihrer Teilnahme an den Olympischen Spielen?

Nordkorea will unter Kim Jong Un gern den Sport aktiver für seine soft power nutzen, was eigentlich recht spät kommt, wenn man bedenkt, wie aktiv Länder wie die DDR so etwas schon vor langer Zeit praktiziert haben. Mit dem IOC und der internationalen Sportverwaltungselite zu sprechen, das könnte schon strategisch interessant sein für Pjöngjang. Sport ist friedlich, also gut fürs ramponierte Image, und er bringt Einnahmen über TV-Rechte, Werbung und nachfolgend Tourismus. Auch hilft er, Sanktionen zu unterlaufen, etwa was Finanztransaktionen angeht. Es ist gut denkbar, dass Nordkorea die Spiele in Südkorea nutzen möchte, um zukünftige eigene internationale Veranstaltungen vorzubereiten. Am Ende geht es immer um Geld und um Einfluss.

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