Film-Doku über Geflüchtete in Berlin: Tanztheater im Flüchtlingsheim

„Cloud Making Machine“ begleitet Asylsuchende in Berlin. Der Film zeigt die Hürden des Ankommens und den Frust über die Bürokratie.

Sieben Männer und eine Frau tanzen. Im Zentrum steht der Geflüchtete Jallow aus Guinea.

Tanz gegen die Bürokratie: Geflüchtete in der Motardstraße Foto: promo

Den perfekten Film über geflüchtete Menschen gibt es wahrscheinlich nicht. Zuletzt sind so viele Filme über die Schicksale von Geflüchteten erschienen, dass sie mittlerweile ein eigenes Genre bilden.

In ihrer Dokumentation „Cloud Making Machine“ (2017) wagt sich die Berliner Filmemacherin Susanne Dzeik an die Gratwanderung, die dieses Genre immer mit sich bringt: Den Schmerz der Menschen zu zeigen, ohne sie als Opfer darzustellen; ihnen eine Stimme zu geben, ohne diese zu diktieren.„Ich wollte Raum für Individuen lassen“, sagt Dzeik bei der Vorführung des crowdgefundeten Films am Mittwoch im Kino Zukunft am Ostkreuz.

Der Film begleitet ein Tanztheaterprojekt für Geflüchtete in der Spandauer Motardstraße, wo es bis vergangenen Sommer eine Erstaufnahmeeinrichtung gab. Die Kamera folgt den Hauptprotagonist*innen Batoul Sedawi, Mamudou Jallow und Firaz Iraqi bei den Theaterproben, zeigt, wie sie konzentriert trainieren oder gelöst lachen.

Sie lässt aber keine Illusion zu, dass das Kulturprojekt auch die bürokratischen Hürden überwinden könnte, denen die Neuangekommenen oft hilflos gegenüber stehen. „Nie mehr als sechs Monate vorausplanen“, sagt Iraqi, dem die Abschiebung nach Spanien droht.

Cloud Making Machine am 19. 1. um 20 Uhr im Artistania, Neckarstraße 19, und am 25. 1. um 19 Uhr im KuB, Oranienstraße 159

Ein permanenter Wolkenteppich

„Cloud Making Machine“ – der Titel bezieht sich auf eine Äußerung Jallows, der so das Heizkraftwerk in der Motardstraße beschreibt. „Für mich ist das ein permanenter Wolkenteppich am Himmel, der sich auf alles legt und undurchdringlich ist – wie die Bürokratie in Deutschland, die Residenzpflicht, die Regeln“, sagte Filmemacherin Susane Dzeik 2014 in einem Interview mit der taz.

Damals fing sie an den Film zu drehen, der im September 2017 beim NEZ International Film Festival im indischen Kalkutta seine Weltpremiere hatte. Finanziert wurde der Dreh durch Crowdfunding. 122 Menschen spendeten mehr als 5.000 Euro, um das Projekt zu verwirklichen.

Der Film versucht, den Kontrast zwischen Stärke und tiefem Schmerz darzustellen

Immer wieder zeigt der Film Szenen des tristen Alltags, die Angst vor „Dublin“, das Warten auf die Arbeitserlaubnis. „Deutschland besteht nur aus Papieren“, beschwert sich Iraqi in einer Szene bei einem Freund. Und Jallows Anwalt legt ihm klipp und klar seine Chancen in Deutschland zu bleiben dar: „Deutsche Frau oder deutsches Kind.“ Jallows Erklärungen, dass er im Theater spiele, regelmäßig probe, sehr aktiv sei, ändern nichts an dieser Realität.

Batoul Sedawi sitzt mit Jacke, Mütze und Kopfhörern im Park und blickt an der Kamera vorbei.

Batoul Sedawi: „Ich will kein Mitleid“ Foto: promo

Briefe an Familien und Freunde

Durch die Abwechslung verschiedener Ebenen versucht Dzeik den Kontrast zwischen Stärke und tiefem Schmerz darzustellen, der zur Erfahrung der geflüchteten Personen gehört. Neben den Theater- und Alltagsszenen gibt es da Briefe, die die Menschen in der Motardstraße in die Kamera sprechen und an ihre Familien oder Freunde zu Hause richten.

Ganz intim, entsättigt vor schwarzem Hintergrund, berichten sie ihren Vertrauten in Syrien, Pakistan, dem Irak oder Guinea von ihrem Leben in Deutschland. Teils sachlich und teils tränenreich erzählen sie von den Schwierigkeiten des Ankommens – aber auch von der Kraft damit umzugehen.

„Ich will meine Seele zurück“, sagt Sedawi im Video-Brief an ihre beste Freundin. Und schreit später im Theaterstück: „Ich will kein Mitleid!“ Den perfekten Film über Geflüchtete gibt es nicht, weil es immer zu diesem Gegensatz kommt: die schwierige Situation der Menschen darzustellen, ohne sie auf ihren Flüchtlingsstatus zu reduzieren; Individuen Raum zu bieten und gleichzeitig so Regie zu führen, dass der Film eine gesellschaftliche Wirkung entfaltet.

„Ein Wunsch von mir wäre, mit dem Film auch durch kleine Dörfer in Sachsen und Sachsen-Anhalt zu touren“, sagt Dzeik dem Berliner Publikum. Das sei aber riskant, da der Film auch die Ecken und Kanten der Menschen darstelle – zum Beispiel, wenn Iraqi davon spricht, dass die Ausländer Deutschland bald übernehmen werden, oder wenn Sedawi sich ärgert, dass alle ihr immer nur helfen wollen.

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