Luftverschmutzung in Berlin: Senat gegen Diesel-Fahrverbot

Mit einem Zehn-Punkte-Plan will der Berliner Senat für sauberere Luft sorgen. Der soll außerdem drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhindern.

Hauptstadtverkehr: Wie wird der umweltverträglicher? Gute Frage! Foto: dpa

Berlin droht ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat für den 22. Februar einen Verhandlungstermin zu Dieselfahrverboten in Düsseldorf angesetzt. Das Urteil könnte richtungsweisend für ähnliche Verfahren sein, die die Deutsche Umwelthilfe in anderen Großstädten, so auch in Berlin, angestrengt hat.

Denn die Berliner Luft ist hoch mit Stickstoffdioxid (NO2) belastet. An Straßen wie der Leipziger werden die Grenzwerte regelmäßig seit einigen Jahren überschritten. Schuld sind die Abgase aus Dieselmotoren.

Ein Dieselfahrverbot, das nicht nur die Bevölkerung, sondern auch Wirtschaft und Gewerbe treffen würden, will der Senat vermeiden, wie der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) am Donnerstag unisono betonen. Deshalb legt die Regierung ein „kurzfristiges Maßnahmenpaket“ auf. Damit soll die Luftreinheit „signifikant“ verbessert werden. Für diesen Zehn-Punkte-Plan saßen schon einmal, letzten September, VertreterInnen von Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften, Bezirken und Senat an einem Tisch.

Es handelt sich um ein Konglomerat von Ideen und Ansätzen (siehe Kasten). So sollen mit Diesel betriebene Taxis verschrottet werden. Legt sich eine Taxi-Firma ein Hybridelektro-Taxi zu, gibt das Land 2.500 Euro dazu. Für dieses Programm stehen bis Jahresende 5 Millionen Euro zur Verfügung. Die Förderung kann schon ab 1. März beantragt werden.

Elektrobusse für die BVG

Andere Maßnahmen werden mehr Zeit brauchen. Vereinbart ist, die Busflotte der BVG auf E-Busse umzustellen – zum Start werden noch in diesem Jahr 30 Elektrobusse angeschafft.

1. Taxi-Programm, 2. Förderprogramm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“, 3. Umstellung der Landesflotten auf E-Mobilität, u. a. bei BVG, Verwaltungen, 4. Nachrüstung von Fahrzeugen mit Abgasfiltersystemen, 5. Ausbau der Ladeinfrastruktur, Ziel sind 1.000 zusätzliche Ladepunkte bis 2019, 6.Mehr Tempo-30-Zonen, mehr Grüne Wellen, 7. Jobticket soll auf 50 Euro monatlich verbilligt werden, 8. Förderung des Radverkehrs, 9. Car-Sharing elektrifizieren, 10. Dieselfahrzeuge nicht nur mit Software, sondern auch mit Hardware nachrüsten. (dpa)

„Berlin geht damit voran“, sagt Pop und erinnert zugleich an die „Verantwortung der Großstädte“, die ja zu einem Großteil auch Verursacher der schlechten Luft sind. Auch die Fahrzeugflotten von Stadtreinigung und Wasserbetrieben sollen weiter elektrifiziert werden. Dafür braucht es mehr Ladestationen: Die Infrastruktur soll bis 2020 um bis zu 700 weitere Ladepunkte wachsen, aktuell sind es 600.

Wo es nicht anders geht, bei großen Fahrzeugen für Schneeräumung oder Abfallsammlung etwa, setzt der Senat auf die Nachrüstung mit NO2-Katalysatoren. Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) forderte in diesem Zusammenhang die Autoindustrie zum Umdenken auf: Nicht Software-Updates würden das Dieselproblem lösen, „sondern neue Hardware“.

Heinrich Strößenreuther, Initiative Clevere Städte

„Die Maßnahmen sind kosmetisch klein“

Ähnlich äußerte sich Georg P. Kössler, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion zu den Ergebnissen des Dieselgipfels: „Wir müssen Mobilität neu denken, statt über nicht funktionierende Software-Updates zu spekulieren. Die heute debattierten Maßnahmen sind grundsätzlich richtig – werden aber nicht ausreichen.“

Kritik an „kosmetischen Maßnahmen“

Genaue Zahlen, um wie viele Prozentpunkte die Schadstoffbelastung gesenkt werden könnte, liefert der Zehn-Punkte-Plan nicht. „Erst im Verlauf des Jahres werden wir belastbare Zahlen haben“, sagte Günther.

Kritik kommt auch von Heinrich Strößenreuther von der Initiative Clevere Städte. „Ein solides Papier müsste mit klaren quantitativen Zielen und Handlungspfaden aufzeigen, wie in den nächsten 12 Monaten die Grenzwertüberschreitungen abgestellt werden“, sagt der Fahrradaktivist. „Die Maßnahmen sind kosmetisch klein und werden der Realität von Verkehr nicht gerecht.“ Dieses „absurde“ Zehn-Punkte-Papier verkaufe Richter und Bürger „für dumm, da es wenig schnell greifbare Maßnahmen enthält. Wer Fahrverbote unumgänglich machen will, muss massiv Verkehre aufs das Fahrrad verlagern und dafür schnellstens die Voraussetzungen schaffen.“

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