SPD-Sonderparteitag in Bonn: Wer? Wie? Was?

Wer fährt zum SPD-Parteitag nach Bonn? Wer darf abstimmen? Ein Überblick vor dem Votum, das über die künftige Bundesregierung entscheiden dürfte.

ein Mann an einem Rednerpult, Kevin Kühnert

GroKo-Gegner Kevin Kühnert ist durch die Republik getourt, um für ein „Nein“ zu werben Foto: reuters

BERLIN taz | Es ist nicht einfach, in diesen Tagen SPD-Mitglied zu sein. Alle hacken auf der Partei herum, die Umfragewerte fallen und schließlich kann man doch keinem recht machen, weder den eigenen Genossen noch der CSU. Doch auch politische Beobachter haben es schwer, dem Wirrwarr der SPD-Aussagen zu folgen und Ordnung ins sozialdemokratische Chaos zu bringen: Wer will jetzt eigentlich die GroKo? Wer entscheidet darüber? Und wie wird abgestimmt? Ein Überblick.

An diesem Sonntag findet in Bonn ein Sonderparteitag der SPD statt. Eingeladen sind 600 Delegierte und 45 Mitglieder des Parteivorstands. Theoretisch können Vorstandsmitglieder zwar auch Delegierte sein, „in der Regel wird aber versucht, das zu vermeiden“, sagt SPD-Sprecher Matthias Voß. Dopplungen dürften also Ausnahmefälle sein, maximal gibt es demnach 645 Stimmberechtigte.

Im Geheimen wird bei der SPD nur über Personen abgestimmt, inhaltliche Beschlüsse sind öffentlich. Ob die Partei in Verhandlungen über eine Große Koalition eintritt, entscheiden die Delegierten also für alle sichtbar mit Stimmkarten.

Die Delegierten sind per Listenverfahren auf Landesparteitagen gewählt worden. Für wen es dabei nicht reichte, gilt als Nachrücker, falls ein Delegierter krank wird oder aus anderen Gründen nicht kommen kann.

Die Größe des Landesverbandes entscheidet über die Anzahl der Delegierten, NRW sendet also die meisten, Mecklenburg-Vorpommern die wenigsten Delegierten nach Bonn:

Nordrhein-Westfalen: 144

Niedersachsen: 81

Bayern: 78

Hessen: 72

Rheinland-Pfalz: 49

Baden-Württemberg: 47

Saarland: 24

Schleswig-Holstein: 24

Berlin: 23

Hamburg: 15

Brandenburg: 10

Bremen: 8

Sachsen-Anhalt: 6

Thüringen: 7

Sachsen: 7

Mecklenburg-Vorpommern: 5

Bislang haben sich der Landesparteitag in Sachsen-Anhalt und der Berliner Landesvorstand gegen Koalitionsverhandlungen mit der Union ausgesprochen. Die Thüringer SPD hatte bereits im Dezember gegen eine GroKo gestimmt. An die Beschlüsse von Landesparteitagen oder -vorständen sind die Delegierten aber nicht gebunden. Ob sie sich am Ende für oder gegen die GroKo-Verhandlungen aussprechen, ist also nach wie vor offen.

Die erbittertsten Kämpfer gegen eine Neuauflage der Großen Koalition sind zweifellos die Jusos um ihren Chef Kevin Kühnert. Wie viele der Jungsozialisten als Delegierte zum Parteitag fahren, ist wegen des Nachrückverfahrens allerdings unklar. Es dürften zwischen 60 und 90 sein. Aber auch, wenn man nach SPD-Satzung bis zu seinem 35. Geburtstag automatisch Juso-Mitglied ist, „bedeutet das nicht, dass man sich auch inhaltlich mit den Jusos identifizieren muss“, gibt Voß zu bedenken.

Rund 40 SPD-Politiker aller Flügel plädieren in einem Aufruf dagegen für Koalitionsgespräche – „aus Verantwortung für Deutschland, Europa und die SPD“. Ein „Nein“ der Delegierten am Sonntag würde bedeuten, dass der SPD-Vorsitzende Martin Schulz kein Mandat für GroKo-Verhandlungen erhält – und das Chaos weitergeht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.