Werbeaktion von Hertha BSC: Liebe, die unter die Haut geht

Der Berliner Fußballverein will eine lebenslange Dauerkarte an einen Fan vergeben, der sich seine Liebe zu Hertha auf den Unterarm schreiben lässt.

Falsche Stelle, falsches Motiv: Das gibt keine Hertha-Dauerkarte Foto: dpa

So wirklich überrascht kann man über die neueste Werbeaktion von Hertha BSC eigentlich nicht sein: Die Alte Dame, wie der Verein von den Fans liebevoll genannt wird, vergibt eine lebenslange Dauerkarte. Und zwar als Tattoo an eine einzige ausgewählte AnhängerIn, die dann die sogenannte „Dauerkarte deines Lebens“ unter der Haut tragen muss. Bis zum 8. Februar kann man sich bewerben, egal wie, mit Foto, Video … man soll nur seine besondere Liebe zum Verein demonstrieren.

Dass mit dem Körperschmuck Product-Placement betrieben wird, ist nicht neu. Da gibt es Discos, die bei einem Tattoo ihres Logos freien Eintritt gewähren, auch die Abbildung eines Hamburgers auf der Haut für einen Lebensvorrat ebenjenes Fast-Food-Klassikers – alles schon vorgekommen.

Dass sich die Hertha nun diese Art der Vermarktung zunutze macht, ist erst mal nicht verwerflich. In kaum einer anderen Sportart wird die Vereins­treue so leidenschaftlich gezeigt wie bei König Fußball. Jede Woche strömen Tausende Fans in die Stadien, um ihr Team anzufeuern, mit ihm die Siege zu feiern und die Niederlagen gemeinsam zu verdauen. Dabei wird die Vereins­treue der Anhängerschaft immer wieder auf kreative Art und Weise ausgedrückt. Da gibt es die Choreografien, die pathetischen Vereinslieder, und nicht selten zieren Vereinslogo oder das Datum einer gewonnenen Meisterschaft die Arme und Beine mancher Fans.

Vielleicht möchte Hertha nun mit der Tattoo-Aktion die „echte Liebe“ der Dortmund-Fans toppen. Mit dem Slogan „Kein Verein geht so unter die Haut wie Hertha BSC!“ rundet die Marketing-Abteilung die Aktion sprachlich ab – und ersetzt damit zugleich das zugegeben recht einfallslose bisherige Motto „Aus Berlin. Für Berlin“.

So weit, so gut. Blickt man nun auf die permanente Eintrittskarte, die künftig den Unterarm der GewinnerIn schmücken wird, könnte bei manchen jedoch Assoziationen hervorgerufen werden, die an eine Zeit erinnert, wo Vereinstreue noch anders interpretiert und gelebt wurde. Tätowierungen auf dem Unterarm zwecks Identifikation findet man in dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte wieder, in der Zeit des NS-Regimes, in den Konzentrationslagern.

Womit man jetzt den Verantwortlichen von Hertha wirklich nichts unterstellen will, keine Achtlosigkeit. Wenn überhaupt, könnte man die Werbeaktion eher fortschrittlich als rückwärtsgewandt bezeichnen. Die BVG hat erst kürzlich ein Jahresticket in einen Schuh einnähen lassen, welches beim Tragen des Schuhs gültig wird. Nun trägt man sein Ticket auch bei sich, mit dem Unterschied, dass man es abends nicht einfach in den Schrank stellen kann.

Das nächste Level des Marketings und der Vereinstreue ist somit erreicht, könnte man also meinen. Und doch, ­gegen manche Verknüpfungen, die das Gehirn beim Anblick gewisser Bilder produziert, ist man schlicht machtlos. Sie passieren einfach. Dass neben dem tätowierten QR-Code, also der Eintrittskarte, die Silhouette des Olympiastadions abgebildet ist, trägt zu ebenjenen Assoziationen bei. Schließlich handelt es sich hier um einen ausgewiesenen Nazibau.

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