Journalisten klagen gegen BND-Gesetz: Am Rande geht's um Pressefreiheit

Journalisten klagen beim Bundesverfassungsgericht gegen das BND-Gesetz. Es gefährde ihre Arbeit. Doch es geht um mehr.

Eine künstliche Palme steht als «Kunst am Bau» auf dem Gelände des Bundesnachrichtendienstes

Eine Kunstpalme auf dem Gelände des Bundesnachrichtendienstes, aber kein Ufer in Sicht. Die Befugnisse des BND seien „fast uferlos“ kritisieren seine Gegner Foto: dpa

Internationale Journalisten sehen sich vom Bundesnachrichtendienst (BND) bedroht. Sie klagen deshalb beim Bundesverfassungsgericht gegen das novellierte BND-Gesetz, das dem deutschen Auslandsgeheimdienst die Befugnis zur globalen Überwachung von Kommunikation gibt. Dies gefährde insbesondere die Arbeit von investigativen Journalisten. Tatsächlich geht es in der Klage aber nur am Rande um die Pressefreiheit.

Das neue Gesetz ist Ende 2016 in Kraft getreten. Es erlaubt dem BND die „strategische“ Überwachung von Kommunikation (Telefon, E-Mail, Messaging) zwischen Menschen, die sich im Ausland befinden. Der BND kann dazu auf die Datenströme von Satelliten oder an Internetknotenpunkten zugreifen. Mit Hilfe von Selektoren (Sachbegriffen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern) filtert er potenziell interessante Kommunikation heraus und überprüft sie näher. Verbindungsdaten darf er sogar ohne weiteres sechs Monate lang speichern. Die so gewonnenen Daten darf der BND mit anderen Nachrichtendiensten teilen, auch automatisiert.

Auch wenn die gesetzliche Befugnis neu ist, faktisch macht der BND das schon seit Jahrzehnten. Bekannt wurde das im Zuge des Skandals um die von Edward Snowden enthüllte weltweite Massenüberwachung durch den US-Geheimdienst NSA. Daraufhin hat die Große Koalition die Praxis des BND aber nicht gestoppt, sondern weitgehend legalisiert.

93-seitige Klage

Gegen diese BND-Novelle klagen nun sechs investigative Journalisten aus England, den Niederlanden, Slowenien, Mazedonien, Aserbaidschan und Mexiko sowie die in Frankreich ansässige Zentrale von Reporter ohne Grenzen (ROG) und ein Menschenrechtsanwalt aus Guatemala. Koordiniert wird die Verfassungsbeschwerde von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Der Mannheimer Rechtsprofessor Matthias Bäcker hat die 93-seitige Klage geschrieben.

Zentrales Anliegen der Klage: Das Bundesverfassungsgericht soll entscheiden, dass der BND auch dann an deutsche Grundrechte gebunden ist, wenn er Ausländer im Ausland überwacht. Im Kern geht es dabei um die Fernmeldefreiheit von allen. Bäcker kritisiert, dass die Befugnisse des BND „fast uferlos“ weit seien. Unter anderem fehlten auch Vorschriften zum Schutz der Kommunikation von Journalisten und Informanten. Die Pressefreiheit ist für Bäcker aber nur „ergänzender Prüfungsmaßstab“.

Wer als Journalist Informanten schützen will, muss weiterhin verschlüsseln

In der Rhetorik der GFF steht der Schutz der Pressefreiheit dagegen ganz im Mittelpunkt. Das liegt zum einen daran, dass die Klage von zahlreichen deutschen Journalistenorganisationen unterstützt und wohl auch finanziert wird. Mit dabei sind neben ROG zum Beispiel die Gewerkschaften DJV und dju/Verdi sowie das Netzwerk Recherche. Auch für die Öffentlichkeitsarbeit sind überwachte ausländische Journalisten besser geeignet als etwa überwachte ausländische Rüstungsmanager.

Die Rhetorik mit der bedrohten Pressefreiheit ist zwar nicht falsch. Natürlich kann es Einschüchterungseffekte geben, wenn Geheimdienste weltweit Kommunikation überwachen. Allerdings wäre auch nur wenig gewonnen, wenn Karlsruhe den BND hier an die Leine legt. Wer als Journalist die Kommunikation mit Informanten schützen will, müsste sie weiterhin verschlüsseln. Schließlich gibt es international ja noch viele andere Geheimdienste, die die Datenströme filtern.

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