Monsanto verklagt Umweltschützer: Netzwerk soll alle Akten offenlegen

Der US-Pestizidkonzern erwirkt eine Anordnung, nach der ihm Avaaz alle Infos über ihre Kampagne gegen Glyphosat offenbaren muss.

Verkleidete Demonstranten zerren an einem Seil

Protestaktion in Brüssel gegen die Verlängerung der Zulassung des Pflanzengifts Glyphosat Foto: ap

BERLIN taz | Das Kampagnen-Netzwerk Avaaz soll interne Dokumente über seinen Kampf gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat dem Pestizidhersteller Monsanto vorlegen. Das hat ein US-Gericht vor Kurzem auf Betreiben des Konzerns angeordnet. Die Organisation müsse bis Freitag ihre E-Mails und alle anderen Dokumente „im Zusammenhang mit Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying in den Vereinigten Staaten und/oder Europa zu Glyphosat, … Monsanto“ und anderen Firmen vorlegen, heißt es in der Anordnung, die der taz vorliegt. „Sie wollen sogar die E-Mail-Adressen von Hunderttausenden Avaaz-Mitgliedern“, sagte Emma Ruby-Sachs, Vize-Chefin der Organisation, am Mittwoch.

Monsanto-Anwälte argumentieren, sie benötigten die Avaaz-Unterlagen, um den Konzern in einem Prozess um Entschädigungszahlungen zu verteidigen. Die Kläger leiden an Krebs, den ihrer Meinung nach glyphosat-haltige Pestizide des Konzerns verursacht haben.

Sollte Monsanto mit seiner Forderung gegen den vergleichsweise kleinen Verband Avaaz durchkommen, könnte das weitreichende Folgen auch für andere Organisationen haben, die sich mit Konzernen anlegen. Dann könnte das Unternehmen möglicherweise etwa von Greenpeace Informationen verlangen.

Avaaz würde es nach eigenen Angaben „Tausende Personalstunden und Hunderttausende Dollar“ kosten, die verlangten Dokumente zusammenzustellen. Der Aufwand wäre „verheerend für Avaaz’ Kernaufgaben“. Die Organisation, die vor allem mit Internetpetitionen für Umweltschutz und Menschenrechte kämpft, hat insgesamt nur rund 100 Mitarbeiter in 18 Ländern. Ihr Etat betrug 2016 ungefähr 15 Millionen Dollar (14 Millionen Euro). Greenpeace nahm damals allein in Deutschland 56 Millionen Euro, Monsanto weltweit 13 Milliarden Euro ein.

Avaaz erklärte weiter, da Monsanto dafür bekannt sei, gegen kritische Wissenschaftler, Journalisten und Bauern vorzugehen, habe die Organisation Bedenken, dem Konzern „private Informationen ihrer Mitarbeiter und Mitglieder“ zu geben. In anderen US-Gerichtsverfahren ist es Monsanto bereits gelungen, zum Beispiel den E-Mail-Verkehr zwischen Forschern und Journalisten etwa aus Frankreich zu erhalten. Die Korrespondenz ist nun sogar für jedermann im Internet einsehbar.

Monsanto verlange sogar Adressen von Hunderttausenden Mitgliedern des Verbands, so Avaaz

Das Vorgehen von Monsanto könnte das Image des Konzerns weiter beeinträchtigen. Das könnte auch die Diskussion über ein Verbot der geplanten Fusion des deutschen Chemiekonzerns Bayer mit Monsanto und von Glyphosat-Mitteln in Deutschland und anderen EU-Staaten befeuern. Die EU hat den Wirkstoff zwar im Dezember für weitere fünf Jahre zugelassen. Die Mitgliedstaaten dürfen jetzt aber die mit dem Stoff hergestellten Pestizide verbieten. Die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation hatte Glyphosat im März 2015 für „wahrscheinlich krebserregend“ erklärt, mehrere europäische Behörden widersprechen dem.

Inzwischen hat Avaaz Widerspruch eingelegt. Der Verband beruft sich auch darauf, dass seine Meinungsfreiheit verletzt würde. Monsanto rechtfertigte die Anordnung mit Avaaz’ „aktiver Lobbyarbeit bei US- und EU-Institutionen“. Auch der Konzern habe auf Verlangen von Klägern in Prozessen um Entschädigungen vergangenes Jahr interne Unterlagen aushändigen müssen, schrieb er der taz.

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