Deniz Yücels Buch wird vorgestellt: Die Hoffnung bleibt

Prominente und Freunde von Deniz Yücel lesen aus seinem neu veröffentlichten Buch. Der Journalist sitzt seit einem Jahr ohne Anklage in Haft.

Rote Luftballons mit dem stilisierten Porträt des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel

Liebe für Deniz Yücel: Sein Buch wurde am Valentinstag im Festsaal Kreuzberg vorgestellt Foto: dpa

Der Festsaal Kreuzberg ist mit roten Luftballons geschmückt. Zwar ist Valentinstag, doch was aussehen mag wie eine Hochzeitsfeier, ist keine. Dennoch hört man im Vorfeld der Veranstaltung hupende Autos – sie fahren im „Korso der Herzen“ für Deniz Yücel. Die Demonstranten erinnern damit an die Inhaftierung des Journalisten, der seit einem Jahr im Hochsicherheitsgefängnis Silivri sitzt.

Die Protestfahrt endet vor dem Festsaal Kreuzberg, der Freundeskreis #FreeDeniz lädt zur Bookrelease-Gala. Prominente wie Anne Will, Herbert Grönemeyer und Thees Uhlmann lesen Texte aus Yücels Buch „Wir sind ja nicht zum Spaß hier“, das eine Auswahl seiner journalistischen Texte und aktuelle Beiträge aus dem Gefängnis zusammenträgt. Es bleibt still, als taz-Redakteurin, Moderatorin und Herausgeberin Doris Akrap auf die Bühne tritt und daran erinnert, dass bereits vor einem Jahr eine Solidaritätsveranstaltung für Deniz im Festsaal Kreuzberg abgehalten wurde. „Der Grund hieß damals Free Deniz“, sagt sie, „und so heißt er leider auch heute.“

Dass das Thema aus den Medien verschwinden würde, hat Akrap bereits vor einem Jahr nicht geglaubt und sie betont, dass sie das auch heute nicht tue: „Die letzten fast 365 Tage beweisen, dass mein Eindruck richtig war.“ Die Pressestimmen und Solidaritätsbekundungen sind nicht verstummt. Doch auch sonst hat sich leider kaum etwas verändert. Deniz Yücel sitzt nach wie vor in Haft, eine Anklageschrift gibt es nicht. Die türkische Justiz beurteilt seine journalistischen Texte noch immer als „Terrorpropaganda und Volksverhetzung“.

Akrap verliest zu Beginn eine Grußbotschaft von Deniz Yücel, die er den Anwesenden über seine Anwälte zukommen ließ. Darin bedankt er sich für die Solidarität, die ihm Hoffnung gebe. „Das werden sie mir vielleicht nicht glauben, aber ich kann das Tröten und Hupen bis hier hören“, schreibt er, und dass er ja aus bekannten Gründen nicht dabei sein könne. „Gut, ich weiß ja, was im Buch drinsteht“, fügt er hinzu. Verhaltenes Lachen vermehrt sich im Saal – zum ersten Mal, aber nicht zum letzten. Deniz Yücels Humor prägt die Stimmung an einem Abend, der von einer traurigen Tatsache überschattet wird: Der Türkei-Korrespondent der Welt kann auch in diesem Jahr nicht persönlich dabei sein.

Auch wenn er nicht selbst sprechen kann, übergibt Akrap das Wort indirekt an ihn. Als Gustav Seibt aus der taz-Kolumne „Der Komissar“ das Stück „Bergiges Ödland bzw. ödes Bergland“ liest, erhellt Deniz Yücel mit seinem Text die Stimmung. Schauspieler Mark Waschke, der das Buch an diesem Abend zum ersten Mal in den Händen hält, möchte nach seinem ersten Text „Nein, du darfst nicht“ noch nicht aufhören, liest spontan zwei weitere, nämlich „Warum ich DKP wähle“ und „FDP, du fehlst“. Dabei muss er vor Lachen mehrmals innehalten. Das Publikum lacht mit.

Das Lachen verstummt

Doch das Gelächter verstummt an diesem Abend so schnell, wie es aufkommt. Die Blicke werden starr, als Journalistin und Autorin Yasemin Ergin den Text „Unser Himmel“ vorträgt. Es ist der einzige Text im Buch, den nicht Deniz Yucel verfasste, sondern seine Frau, Dilek Mayatürk Yücel.

Sie vergleicht das Schreiben mit dem Versenden von Tauben, die sie in die Welt schicke, um unermüdlich eine Nachricht weiterzutragen: „Ich habe es ihnen eingeschärft: Sie werden auf keinen Fall zurückkehren, ehe sie nicht die Herzen verschönert haben, auf denen sie gelandet sind“, schreibt Dilek Mayatürk Yücel. Eine der Tauben schicke sie ihrem Ehemann: „Wo auch immer du bist, strecke dein Haupt. Denn Deniz, mein Herz, unsere Himmel können sie nicht trennen.“

Dilek Mayatürk Yücel und Deniz Yücel heirateten im April 2017 im Hochsicherheitsgefängnis Silivri. In seinem Grußwort schreibt Deniz an die Gäste der Veranstaltung: „Mir bereitet meine Verhaftung keine Sorgen. Mir bereitet das keine Sorgen, weil ich Dilek habe.“ Und die Verhaftung bereite ihm auch keine Sorgen, weil er seine Zeitung, seinen Verlag und den Freundeskreis #FreeDeniz hinter sich wisse.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.