Kommentar Urteil im Freital-Prozess: Genau richtig

Rechter Terror: Schon zuletzt sprachen Gerichte hohe Haftstrafen für Anschläge aus. Nun setzt der Staat mit seinem Terrorismusurteil ein Zeichen.

Ein Mann wird in Handschellen abgeführt

Die Freitaler Gruppe hätte es auch anders haben können Foto: dpa

Es ist ein deutliches Zeichen: bis zu zehn Jahre Haft und eine Verurteilung als Terroristen für die Freitaler Gruppe. Das ist durchaus hart. Und wieder werden jetzt einige, nicht nur in Freital, fragen: So eine Strafe für ein paar Böller? Spaltet das die Gesellschaft nicht weiter? Nein, das Urteil ist genau richtig.

Rund 1.000 Anschläge auf Asylunterkünfte gab es 2015 und 2016, die Gewalt reißt bis heute nicht ab. Um es noch mal klar zu sagen: Es geht hier um Menschenleben, um versuchten Mord. Dass es bisher zu keinen Toten kam, ist reines Glück, mehr nicht.

Und die Brandstifter kamen lange Zeit davon. Selten wurden anfangs Täter erwischt, noch seltener verurteilt. Auch in Freital schaute die Staatsanwaltschaft lange zu. Anderswo zündelte da schon die gesellschaftliche Mitte mit, wurden ein Finanzbeamter und Feuerwehrleute zu Brandstiftern. Es war etwas ins Rutschen gekommen.

Mit dem Freital-Urteil aber gibt es nun ein Gegenfanal. Schon zuletzt sprachen Gerichte hohe Haftstrafen für Anschläge in Nauen, Salzhemmendorf oder schließlich auch Altena aus. Nun ist es auch Terror.

Mit einem Schauprozess hat das nichts zu tun, wie einige Verteidiger meinen. Es ist das Strafgesetzbuch, das eine Terrorgruppe definiert: feste Struktur, langfristiges Agieren, ein übergeordnetes Interesse, die Einschüchterung der Gesellschaft, jedenfalls eines Teils von ihr. All das war bei den Freitalern gegeben. Deshalb darf man sie Terroristen nennen. Genauso übrigens, wie sich die Verurteilten in ihren Chats selbst bezeichneten.

Die Gruppe hätte es anders haben können. Sie hatte nach jeder Tat die Chance, innezuhalten und aufzuhören. Aber sie hat immer weitergemacht, mit immer heftigeren Aktionen. Wahrscheinlich hätte noch Schlimmeres bevorgestanden, hätte der Staat die Freitaler nicht doch noch gestoppt.

Nun setzt er mit seinem Terrorismusurteil ein weiteres Stoppzeichen – eines, das ebenfalls über Freital hinaus wirkt: Es ist Schluss mit dem Verharmlosen der Gewalt gegen Geflüchtete. Das Signal war überfällig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" und stellvertretender Ressortleiter Inland. Seit 2010 in der taz, anfangs im Berlin-Ressort. Seit 2014 Redakteur in der Inlands-Redaktion. Studium der Publizistik und Soziologie.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.