Bankkundin muss
Bankkunde bleiben

80-jährige Feministin scheitert beim Bundesgerichtshof mit ihrer Klage auf sprachliche Gleichstellung in Bankformularen

Aus Karlsruhe Christian Rath

Frauen haben keinen Anspruch, in Bankformularen als „Einzahlerin“ und als „Kontoinhaberin“ angesprochen zu werden. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatz­urteil.

Geklagt hatte die 80-jährige Feministin Marlies Krämer. Sie hatte sich geärgert, dass in den Formularen ihrer Bank, der Sparkasse Saarbrücken, stets männliche Formulierungen benutzt wurden, also zum Beispiel „Einzahler“ und „Kontoinhaber“. Darin sah Krämer eine Geringschätzung der Frauen und klagte durch die Instanzen, bisher ohne Erfolg.

Auch der BGH konnte nun keine Verletzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erkennen. Das AGG verbietet zwar die Benachteiligung von Frauen (und anderen Gruppen) im Geschäftsleben. Ob eine Benachteiligung vorliegt, bestimme sich aber nach der „objektiven Sicht eines verständigen Dritten“, so der Vorsitzende Richter Gregor Galke, und nicht nach dem subjektiven Empfinden der betroffenen Kundin.

Es entspreche aber dem allgemeinen Sprachgebrauch, so Galke, dass in männlichen Bezeichnungen Frauen mitgemeint sind. Der Begriff „Bankkunde“ erfasse also auch Bankkundinnen. Durch dieses „generische Maskulinum“ würden Personen, „deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist“, nicht benachteiligt, so der BGH. Das generische Maskulinum sei vielmehr „geschlechtsblind“. Galke räumte ein, dass es seit den 1970er Jahren Kritik am generischen Maskulinum gebe und dass darin teilweise eine Benachteiligung von Frauen im Sprachsystem gesehen werde.

Letztlich stellte der BGH aber auf die Sprache des Gesetzgebers ab. Dieser verwende das generische Maskulinum immer noch, selbst in neueren Gesetzen. So ist im Bürgerlichen Gesetzbuch nach wie vor von „Kontoinhabern“ und „Darlehensnehmern“ die Rede. Von einer Bank könne daher nicht verlangt werden, die sprachliche Gleichstellung der Geschlechter konsequenter zu handhaben als der Gesetzgeber.

Auch eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Marlies Krämer konnte der BGH nicht erkennen. Schließlich sei sie in persönlichen Schreiben immer korrekt als „Frau Krämer“ angesprochen worden.

Nicht einmal das Saarländische Landesgleichstellungsgesetz wertete der BGH zugunsten der Feministin. Zwar werden dort öffentliche Einrichtungen aufgefordert, „geschlechtsneutrale Bezeichnungen“ zu wählen, „hilfsweise die weibliche und die männliche Form“ zu verwenden. Daraus resultiere aber kein individuell einklagbarer Anspruch.

Der BGH thematisierte sogar, ob die Vorschrift verfassungswidrig sein könnte. Denn sie erwähne nur „weibliche und männliche“ Bezeichnungen und ignoriere damit das vom Bundesverfassungsgericht jüngst anerkannte intersexuelle dritte Geschlecht. Der BGH ließ dies aber offen, da die Vorschrift im konkreten Fall ohnehin nicht ausschlaggebend war. (Az.: VI ZR 143/17)