Wiederaufbau einer Synagoge: Saleh sagt Schalom

Am Fraenkelufer soll eine von den Nazis zerstörte Synagoge rekonstruiert werden – als Zeichen gegen Antisemitismus. Initiator ist der SPD-Fraktionschef.

Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlin (l.), und SPD-Fraktionsvorsitzender Raed Saleh, mit den Plänen für die neue Synagoge Foto: dpa

Erst vier Monate jung ist die Idee des Wiederaufbaus der Synagoge am Fraenkelufer in Kreuzberg und schon stehen SPD-Fraktionschef Raed Saleh, stolz wie Bolle, und der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde von Berlin, Gideon Joffe, auf dem Grundstück und präsentieren am Donnerstagmorgen die ersten Entwürfe für den Bau. Herzlich miteinander stehen Saleh und Joffe zusammen und halten die Plakate in die Kameras. Neben den beiden sind auch der Architekt Kilian Enders, die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ülker Radziwill und die baupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Iris Spranger, anwesend.

Weiß und mächtig soll das Gebäude werden, nach dem Vorbild der klassizistischen Architektur von Alexander Beer, der die Synagoge 1913 bis 1916 erbaute. Am 9. November 1938 zerstörten die Nationalsozialisten im Zuge der Pogromnacht das Hauptgebäude, seither nutzt die jüdische Gemeinde den Seitenflügel.

„Einfach machen!“, lautet das Motto von Saleh, der sich als Ideengeber des Projektes und Brückenbauer der Religionen präsentiert: „Ich wäre kein guter Moslem, wenn ich mich nicht für die Entwicklung jüdischen Lebens in meiner Heimatstadt Berlin einsetzen würde.“

Letzten November schrieb der Sozialdemokrat in einem Artikel anlässlich der sich 2018 zum 80. Mal jährenden Reichspogromnacht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Deutschland baue seine Schlösser und Kirchen wieder auf, warum also nicht die alten Synagogen?

Stätte des Austauschs der Religionen

Im Dezember 2017 bekräftigte auch das Bezirksparlament Kreuzberg das Vorhaben durch einen zustimmenden Antrag.

Gründe für den symbolträchtigen Wiederaufbau am Fraenkelufer gibt es genügend. Die Zahl antisemitischer Straftaten in Berlin steigt. 2017 registrierte die Polizei 288 antisemitisch motivierte Fälle, doppelt so viele Vorfälle wie im Jahr 2013.

Raed Saleh, SPD

„Wie sonst sollten wir ein toleranteres Berlin schaffen?“

Der Wiederaufbau der Synagoge soll im Zeichen des Kampfes gegen Antisemitismus als Austauschstätte der Religionen dienen, für Vielfalt und Diversität in Berlin. „Die jüdische Gemeinde möchte damit verdeutlichen, dass ihre Türen offen stehen“, sagt Joffe. Nachbar*innen und Anwohner*innen sollen in dem Neubau willkommen sein, Fragen zu stellen, sich auszutauschen und zu diskutieren.

Aber ist es wirklich sinnvoll, den Standort in der Nähe des Kottbusser Tors, bekannt durch Drogenhandel und Gewalttaten, für den Ausbau zu wählen?

SPD will Geld für Bau einsammeln

Auch darauf weiß Saleh eine nicht unpathetische Antwort: „Gerade hier braucht es den Austausch, gerade hier sollten die Türen offen stehen. Denn wie sonst sollten wir Islamophobie und Antisemitismus begegnen und ein offeneres, toleranteres Berlin schaffen?“

Zu Zeitplan und Finanzen äußern sich die Anwesenden nur zögerlich, wobei Saleh und Spranger nicht davon ablassen zu betonen, dass die SPD das Projekt „sehr ehrgeizig“ verfolgen wird. „Schön wäre es, wenn wir in fünf Jahren, wenn die Pogromnacht sich zum 85. Mal jährt, erste Ergebnisse auf dem Grundstück begrüßen könnten“, sagt Radziwill. Die Kosten des Projektes werden grob auf 20 bis 25 Millionen Euro geschätzt. Die SPD will versuchen, dafür Geld von Bund, Land, Stiftungen, aus Lottomitteln sowie privaten Spenden zu sammeln.

Auch ein anderes Projekt wird an diesem Morgen prominent verkündet. In der Auguststraße in Mitte soll eine jüdische Sekundarschule entstehen. Für Saleh stehen beide Projekte für einen erfreulichen Trend. „In den vergangenen Jahren erlebt das jüdische Leben in Berlin einen Aufschwung. Die Gemeinden an der Spree verjüngen und vergrößern sich. Daneben steigt das Interesse an jüdischen Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern. Diese Entwicklung soll durch die beiden Neubau-Projekte auf eine solide Basis gestellt werden.“

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