Bilanz rechte Vorfälle in 2017: Gewalt und Diffamierung von rechts

Rassistische Gewalt mag zurück gehen, aber AfD und CDU prägen in den (Bezirks-)Parlamenten zunehmend die Richtung des politischen Diskurses.

Anfang Februar 2018: Anschlag auf das Haus von Linken-Politiker Ferat Kocak Foto: dpa

So erfreulich es ist, dass die rassistischen Angriffe zurückgegangen sind, so beunruhigend ist eine Erklärung, die Sabine Seyb von ReachOut dafür hat: „Die sogenannten Wutbürger*innen und organisierten Neonazis fühlen sich durch die Präsenz der AfD in den Parlamenten offenbar gut vertreten“, sagt sie bei der Vorstellung ihrer Zahlen am Dienstag.

Tatsächlich würden die Rechten schon jetzt die politischen Diskurse prägen, ergänzt Kati Becker von den Berliner Registerstellen, die in den Bezirken nicht nur – wie ReachOut – rechte Gewalttaten, sondern auch Propagandaaktivitäten zählen und vom Land finanziert werden. Laut Becker bekämen lokale Bündnisse und soziale Träger zunehmend Druck von Rechten aus den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV), aber auch aus dem Abgeordnetenhaus. Zumeist sei es die AfD, die über Anfragen versuche, die öffentliche Finanzierung etablierter antirassistischer und antifaschistischer Projekte infrage zu stellen, indem diese als Teil von „linksextremen Netzwerken“ diffamiert würden. Die CDU mache es aber, etwa in Neukölln, inzwischen oft genauso, sagt Becker.

Unsinnige Rechtfertigung

Für die betroffenen Vereine und Organisationen bedeutet dies viel Arbeit. Einige Registerstellen etwa, sagt Becker, seien „gut damit beschäftigt“, die teils sehr detaillierten AfD-Anfragen zu beantworten, die ihnen vom Abgeordnetenhaus weitergeleitet würden. Zum anderen müssten sie sich „auf einmal für Arbeit rechtfertigen, die seit Jahrzehnten als wichtig und notwendig anerkannt ist“.

Matthias Mallé vom Lichtenberger Register bestätigt, dass die AfD massiv versuche, die Finanzierung missliebiger Projekte zu unterbinden. Als Beispiele nennt er unter anderem einen Abenteuerspielplatz mit Treffpunkt für geflüchtete Jugendliche in Marzahn oder den Jugendclub „Bunte Kuh“ in Pankow. Bisher reagierten die Bezirke „souverän“ und lehnten die AfD-Anträge samt und sonders ab, lobt Mallé. „Aber die Diskurse verschieben sich, wenn die AfD in den Parlamenten etwa die Register oder Träger wie ‚Lichtblick‘ als linksextrem bezeichnet und das unwidersprochen bleibt.“ Auch er weist darauf hin, dass die CDU teilweise in dieselbe Kerbe haue – etwa wenn sie in Treptow-Köpenick das „Zentrum der Demokratie“ infrage stelle.

Immerhin: Ein kleines Zeichen für einen Diskurswechsel in die andere Richtung gibt es auch. So loben Seyb und Becker den kürzlichen Beschluss der BVV Neukölln, dass die vielen rechten Straftaten im Bezirk „endlich als Terror bezeichnet werden sollten und dementsprechend ermittelt werden muss“. Für Ferat Kocak, BVV-Abgeordneter der Linkspartei, der selbst Opfer eines Anschlags wurde, ist die Serie von Angriffen damit „auf eine andere Ebene gehievt worden“.

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