Mord an der Jüdin Mireille Knoll: Kein Einzelfall

In nur fünf Jahren haben 30.000 Juden Frankreich verlassen – aus Angst um ihr Leben. In besorgniserregend kurzen Abständen werden dort Juden attackiert.

Eine Frau hält eine Rose vor ihr Gesicht

Der Schweigemarsch gedachte Mireille Knoll in Paris am Mittwoch Foto: dpa

Es war 2012, der Terrorist Mohammed Merah hatte an einer jüdischen Schule in Toulouse drei Schüler und einen Lehrer getötet, als François Hollande die Sicherheit der französischen Juden zur „nationalen Angelegenheit“ erklärte.

Im Januar 2015 tötet der Islamist Amedy Coulibaly vier Juden in einem koscheren Supermarkt.

Im Februar 2017 werden zwei jüdische Jungen mit Eisenstäben zusammengeschlagen. Einem von ihnen werden die Finger mit einer Metallsäge abgeschnitten. Beide Jungen trugen eine Kippa. In Marseille greift ein Gymnasialschüler einen jüdischen Lehrer mit einer Machete an. Er wollte einen „Juden enthaupten“, sagte der Schüler.

Im April 2017 wird die 65-jährige Jüdin Sarah Halimi in ihrer Pariser Wohnung von ihrem Nachbarn getötet. Als er sie aus dem Fenster stieß, rief er „Allahu Akbar“. „Zwei Monate lang wurde nur in den jüdischen Medien darüber berichtet“, schrieb die französische Philosophin Elisabeth Badinter kürzlich in L’Express.

Judenhass – „eine widerliche Bestie“

Im September 2017 dringen drei junge Männer in der Nähe von Paris in das Haus von Mireille und Roger Pinto ein. Roger Pinto ist Vorsitzender einer pro-israelischen Organisation. Das Paar wird über Stunden gefoltert und ausgeraubt. Die Täter sagten: „Ihr seid Juden, ihr habt Geld.“ Im Oktober 2017 nannte der französische Premierminister Edouard Philippe den Judenhass „eine widerliche Bestie“, gegen die man vorgehen müsse.

Am 12. Januar 2018 wird in Sarcelles ein 15-jähriges Mädchen von einem Mann mit einem Messer attackiert. Sie trägt eine Kette mit Davidstern um den Hals. Der Mann fügt ihrem Gesicht einen Schnitt zu.

Am 18. Januar wird der Leiter der Jüdischen Gemeinde in Montreuil die ganze Nacht in seiner Wohnung von zwei Männern gefoltert.

Am 29. Januar wird ein 8-jähriger Junge, ebenfalls in Sarcelles, einstmals bekannt für das gute Zusammenleben von Menschen verschiedener Konfessionen, von zwei Teenagern getreten und geschlagen. Er trug eine Kippa.

Mit „absoluter Entschlossenheit“

Im Februar sagte Emmanuel Macron, die antisemitischen Übergriffe seien ein „Angriff auf die ganze Republik“. Am Dienstag, nachdem die 85-jährige Holocaust-Überlende Mireille Knoll von ihrem jungen muslimischen Nachbarn ermordet und angezündet worden war, bekräftigte Macron seine „absolute Entschlossenheit“ im Kampf gegen den Antisemitismus. Innenminister Collomb wollte „alle notwendigen Mittel einsetzen, damit die Motive der Täter“ erhellt würden. Motive?

Mireille Knolls Enkelin Noa Goldfarb schrieb am Montag auf Facebook: „Vor 20 Jahren habe ich Paris verlassen, weil ich wusste, dass ich dort keine Zukunft habe – weder ich noch das jüdische Volk.“ Es sieht so aus, als würde sie recht behalten.

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