Angriff im ICE auf linke Politikerin: Ditfurth mit Metallstange attackiert

Ein Mann schlug Jutta Ditfurth von hinten mit einer Metallstange auf den Kopf. Das Zugpersonal zeigte sich wenig hilfsbereit. Die Polizei ermittelt.

Porträt Jutta Ditfurth

Sie sei zu verwirrt gewesen, um auf dem Anruf bei der Polizei zu bestehen, sagt Jutta Ditfurth Foto: imago/Metodi Popow

BERLIN taz | Jutta Ditfurth wurde auf einer Bahnfahrt nach eigenen Angaben mit einer Metallstange angegriffen. Das postete die linke Politikerin, Aktivistin und Autorin am Montag zunächst auf ihrer Facebook-Seite. Der Angriff habe sich Freitagnachmittag ereignet, nachdem sie in einen ICE stieg, um für einen Vortrag nach Freiburg zu reisen. Ein Mann habe sie „mit einem Metallstock, den er dazu in beide Hände nahm, zweimal schnell und mit voller Wucht von hinten auf den Kopf geschlagen“, schreibt Ditfurth auf Facebook. Der Täter sei „jung“, „etwa 1.70 m groß, hellhäutig“ gewesen und habe Deutsch gesprochen.

Im Gespräch mit der taz sagt Ditfurth, sie sei zuvor an dem Mann vorbeigelaufen und habe ihn wegen des Metallstocks für sehbehindert gehalten. Wenig später habe der Mann, zu dem sie mit dem Rücken stand, zugeschlagen. Zeugen des Vorfalls habe der mutmaßliche Täter daraufhin gesagt, er sei sauer, weil sich schon ein Zug in Marburg verspätet habe und er sie nicht mag. Einen Namen habe er nicht genannt, deswegen sei nicht klar, ob er sie erkannt habe, so Ditfurth.

Mindestens skurril klingt die von Ditfurth geschilderte Reaktion eines Zugbegleiters: Er habe Ditfurth zwei Mal gefragt, ob er die Polizei rufen solle, sie habe beide Male bejaht. Beim dritten Mal habe der Zugbegleiter auch die Passanten informiert, dass es in diesem Fall zu weiteren Verspätungen kommen würde. „Der ICE war verspätet und vollkommen vollgestopft mit Menschen aus zwei ICEs und niemand wollte gern mit noch mehr Verspätung nach Hause kommen“, schreibt Ditfurth auf Facebook.

Sie habe dann gesagt, es sei in Ordnung, wenn sich der Täter entschuldige. Der Mann habe „etwas genuschelt“ und sei vom Zugbegleiter zu einem leeren Platz in der ersten Klasse geführt worden. Der taz sagt Ditfurth, sie sei zu verwirrt gewesen, um auf dem Anruf bei der Polizei zu bestehen: „Die Szene ist nach wie vor sehr seltsam.“

Der Zugbegleiter habe auch sie zu einem leeren Sitzplatz geführt, so Ditfurth. Zwei Frauen hätten sich daraufhin um sie gekümmert. Auf ihren Social Media-Kanälen sucht Ditfurth nun nach den beiden Frauen. Diese hätten das Geschehen mitverfolgt und könnten als Zeugen aussagen.

Jutta Ditfurth

„Ab jetzt werde ich solche Angriffe immer anzeigen“

Ditfurth bedauert, dass sie kein Foto vom mutmaßlichen Täter gemacht habe, der zunächst noch im selben Zug mitgefahren sei und in Sichtweite gesessen habe: „Sachen, die ich als Journalistin und Aktive normalerweise tun würde, habe ich nicht getan.“ In Freiburg habe sie sich auf dem Weg zum nahegelegenen Hotel zwei Mal verlaufen, anschließend im Freiburger Stadttheater einen Vortrag über Antisemitismus gehalten. Wieder Zuhause in Frankfurt sei sie Samstagabend dann „einfach umgefallen“.

Angriffe schon seit den Achtzigerjahren

Bisher sei sie noch nicht fähig gewesen, einen Arzt oder die Polizei aufzusuchen. Nach einem Telefonat mit ihrem Arzt vermutet sie eine mittlere Gehirnerschütterung. Die Bundespolizei habe sich mittlerweile bei ihr gemeldet und mitgeteilt, dass sie Ermittlungen aufgenommen habe. Sobald sie sich im Stande dazu fühle, solle sie zur Zeugenaussage erscheinen und eine Anzeige unterzeichnen.

Die Bundespolizeidirektion Stuttgart bestätigte der taz, dass sie wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ermittelt. Ein Sprecher der Deutschen Bahn sagte der taz, man sei gerade dabei, den Vorfall „intern sorgfältig aufzuarbeiten“.

Seit den Achtzigerjahren sei es immer wieder zu Angriffen auf sie gekommen, sagt Ditfurth der taz. Sie habe diese aber nicht öffentlich gemacht, um einen Nachahmungseffekt zu vermeiden. „Ab jetzt werde ich solche Angriffe immer anzeigen“, sagt sie. Ditfurth war von 1984 bis 1988 Bundesvorsitzende der Grünen. 1991 trat sie aus der Partei aus. 2001 gründete sie mit anderen die ÖkoLinX-Antirassistische Liste. Für diese sitzt sie neben ihren publizistischen und aktivistischen Tätigkeiten im Frankfurter Stadtparlament. Am Mittwoch schrieb Ditfurth auf Facebook, „das größte Ärgernis“ sei, dass sie wegen des Vorfalls das letzte Kapitel ihres neuen Buches „Haltung & Widerstand“ noch nicht abgeben konnte.

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