Hamburger Umweltpolitik: Ökologie = mangelhaft

Schlechte Öko-Bilanz-Noten bekommt der rot-grüne Senat vom BUND. Auch die geplanten Beschränkungen für Dieselautos kommen beim Umweltverband gar nicht gut an.

Eine Person sitzt auf einem Stuhl auf einer Grünfläche mit Bäumen außenrum.

Schönes Grün in Hamburg. Aber ein paar Bäume machen noch keine gute Ökobilanz Foto: dpa

HAMBURG taz | Für weitere Durchfahrtsbeschränkungen für Dieselautos hat sich Hamburgs Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) ausgesprochen. Die Qualität der Atemluft in Städten lasse sich „mit individuellen Maßnahmen wie Durchfahrtsbeschränkungen in einzelnen Straßen“ sowie einem umfassenden Mobilitätsmix verbessern, erklärte er auf einer Tagung der Verkehrsminister von Bund und Ländern am Donnerstag in Nürnberg.

Zugleich aber wandte Horch sich gegen die Einführung blauer Plaketten. Mit dieser könnten vergleichsweise saubere Diesel-Autos von flächendeckenden Fahrverboten ausgenommen werden. Fahrverbote seien „keine angemessene verkehrspolitische Antwort“, findet hingegen Horch: „Sie konterkarieren die Aufgabe der Städte, die Mobilität zu sichern.“

Kritik kommt erwartungsgemäß vom Umweltverband BUND in Hamburg. „Das Umweltbundesamt fordert die Blaue Plakette, der Deutsche Städtetag fordert sie und gegen Deutschland ist ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Überschreitung der europaweit gültigen Grenzwerte eröffnet“, sagt Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Seit acht Jahren würden die Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit nicht nur in Hamburg massiv überschritten – „all das scheint den Senator nicht zu kümmern“.

Das aber ist nicht das einzige, was den Umweltverband an der Politik des rot-grünen Senats stört. Nach drei Jahren Koalition falle das ökologische Zwischenzeugnis „mangelhaft“ aus, teilt der BUND mit. In drei Jahren unter SPD-Bürgermeister Olaf Scholz „hat es eine Umweltpolitik, die diesen Namen verdient, schwer gehabt“, so Braasch.

So würde der im Koalitionsvertrag vereinbarte Flächenschutz nicht eingehalten. Statt Landschaftsachsen und „Grüne Ringe“ weiter zu entwickeln, wolle die Baubehörde mehr als 230 Hektar Fläche in Landschaftsschutzgebieten und Grünachsen bebauen.

Erst Ende Mai werden in Hamburg die ersten Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge eingeführt. Die Umweltbehörde wartet noch auf die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts, das Ende Februar Fahrverbote für zulässig erklärt hatte.

Außerdem gibt es Verzögerungen bei der Herstellung der notwendigen Verkehrsschilder und Masten. Ursprünglich sollten die Verbote, die offiziell Durchfahrtsbeschränkungen heißen, bereits Ende April eingeführt werden.

Von den Fahrverboten betroffen sind zunächst 600 Meter der Max-Brauer-Allee und 1,6 Kilometer auf der Stresemannstraße, dort vorerst nur für LKWs.

Auch bei der Energiewende sieht der Verband keine Fortschritte: Ein Konzept für die erneuerbare Energieversorgung liege noch immer nicht vor, das alte Kohlekraftwerk Wedel sei noch in Betrieb, zudem wolle Vattenfall seinen Steinkohlemeiler Moorburg an das Fernwärmenetz anschließen, kritisiert Braasch.

Weitere Kritikpunkte sind fehlende Maßnahmen zur Reduzierung von Straßen- und Fluglärm sowie zur Verbesserung der Wasserqualität in Elbe und Alster sowie allen anderen Hamburger Gewässern. Untätig sei der Senat bei den Themen Steigerung der Recyclingquote, Verdoppelung der Obstanbaufläche und Schonung des städtischen Waldes. Hier seien, so der BUND, „keine klaren Aussagen zur Zielerreichung möglich“.

Eine positive Entwicklung sieht der Umweltverband hingegen bei Straßenbäumen und Naturschutz: „Hier hat Rot-Grün weitgehend Wort gehalten“, so das Fazit. Das Budget für die Neupflanzung von Straßenbäumen wurde deutlich erhöht, zudem wurden drei neue Naturschutzgebiete ausgewiesen.

Das aber reiche nicht aus, die erheblichen Defizite bei Energie, Verkehr, Lärmschutz und Luftreinhaltung auszugleichen, so Braasch. Vom neuen SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher erwartet er nun, dass dieser bis zur Neuwahl in zwei Jahren „wenigstens die Verabredungen des Koalitionsvertrages beim Umwelt- und Naturschutz umsetzt“.

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