Gastkommentar Tierversuche: Ohne geht es nicht

Medizinischer Fortschritt ist ohne Tierversuche nicht zu haben, sagt Christina Beck. Wer das nicht so sieht, habe den Forschungsprozess nicht verstanden.

Eine weiße Labormaus sitzt auf einer Hand

Forschungsinteresse: Die Maus ist unersetzlich Foto: dpa

99 Prozent aller Nutztiere in Deutschland werden für die Ernährung eingesetzt, lediglich 0,26 Prozent sind Versuchstiere. Pro Bundesbürger werden somit während eines gesamten Lebens nicht mehr als zwei Mäuse im Tierversuch eingesetzt. Tierversuchsgegner unterstellen, medizinischer Fortschritt sei auch ohne Tierversuche zu haben. Das ist falsch. Wer glaubt, die Notwendigkeit eines Tierversuchs alleine daran bemessen zu können, ob am Ende ein Medikament entsteht, hat den Forschungsprozess nicht verstanden.

Grundlagenforschung an Versuchstieren liefert zuallererst Erkenntnisse, keine Medikamente. Und trotzdem profitiert die Medizin und mit ihr der Mensch. Ein gutes Beispiel ist die neue, zweite Generation von Krebsmedikamenten, die auf sogenannten monoklonalen Antikörpern beruht. Diese verschonen – anders als die herkömmliche Chemotherapie – die gesunden, sich teilenden Zellen. Sie sind eine enorme Erleichterung für Krebspatienten, auch wenn es bisher nur wenige wirksame Medikamente gibt.

Die Entdeckung und Beschreibung von Antikörpern, wie übrigens auch aller anderen Zellen unseres Immunsystems, ist das Ergebnis umfangreicher Grundlagenforschung seit Mitte des 20. Jahrhunderts. Ohne Kenntnis dieser Zusammenhänge wären derartige neue Ansätze in der Medizin unvorstellbar. Keine Zellkultur kann Auskunft darüber geben, wie ein ganzes Organ, geschweige denn ein ganzer Organismus reagiert. Die Komplexität liegt in der Vielzahl von Zellen und Strukturen und ihrer Wechselwirkungen.

Auch die Hoffnung, diese Komplexität in einem Computermodell zu erfassen, trügt. Denn das würde voraussetzen, dass wir all diese biologischen Vorgänge schon im Detail verstanden hätten und somit simulieren könnten. Das ist aber nicht der Fall.

Vor hundert Jahren starben zwei Drittel der Deutschen vor ihrem 60. Lebensjahr, heute sind es weniger als 10 Prozent. Auch, weil der medizinische Fortschritt erheblich zu den Überlebenschancen chronisch Kranker beiträgt.

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leitet die Kommunikation der Max-Planck-Gesellschaft. Sie ist Mitglied der Steuerungsgruppe der Initiative „Tierversuche verstehen“, einer Allianz der Wissenschaftsorganisationen in Deutschland.

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