Nach dem Giftgasangriff auf Ost-Ghouta: Jede Hilfe kommt zu spät

Der UN-Sicherheitsrat kann sich erneut nicht auf eine Resolution zu Syrien einigen. Die Experten der OPCW wollen „in Kürze“ nach Damaskus aufbrechen.

Rauchwolken zwischen Gebäuden

Von Duma ist nicht mehr viel übrig Foto: ap

Ganz gleich, was der UN-Sicherheitsrat, US-Präsident Donald Trump oder andere Akteure in Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in der Ost-Ghouta beschließen, für die Menschen in der Region kommt jedwede internationale Antwort zu spät. Selbst ein militärischer Angriff wird die Lage in Douma, der größten Stadt in der Region, nicht ändern. Der Abzug von Zivilisten und Rebellen, die in diesem Zusammenhang von Zwangsumsiedlung sprechen, hat längst begonnen.

Die Ost-Ghouta war seit September 2017 eine von mehreren sogenannten Deeskalationszonen, auf die sich Russland, die Türkei und der Iran bei einem Treffen in Astana verständigt hatten. Doch ungeachtet der Vereinbarung, Kämpfe einzustellen, sah sich die Bevölkerung in diesen Gebieten einem gnadenlosen Bombardement des Regimes gegenüber.

Seit Mitte März wurden auch von der Opposition gehaltene Gebiete in der südsyrischen Provinz Daraa, ebenfalls eine Deeskalationszone, bombardiert – zum ersten Mal seit acht Monaten. In syrischen Medien war bereits zuvor spekuliert worden, dass nach dem Angriff auf die Ost-Ghouta Daraa das nächste Ziel des Assad-Regimes und seiner Verbündeten wird.

Selbst der erneute mutmaßliche Angriff mit Chemiewaffen hat nicht dazu führt, dass die Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrats sich auf eine Syrien-Resolution verständigten. Zunächst lehnte Russland am Dienstag ein Veto gegen einen Entwurf ein, der ein neues Gremium zur Untersuchung entsprechender Angriffe vorsah. Den zweiten Entwurf nahmen die Ratsmitglieder nicht an. Der dritte Entwurf, der am Dienstag abgelehnt wurde, sah eine Untersuchung des Vorfalls durch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mit Sitz in Den Haag vor.

Unklarheiten über das Ermittlerteam

Die britische UN-Botschafterin Karen Pierce sagte laut der Nachrichtenagentur AP, ihr Land habe gegen die Resolution gestimmt, weil ein OPCW-Ermittlerteam bereits auf dem Weg nach Syrien sei und Russlands Vorschlag keinen Vorstoß für eine neue Expertengruppe enthalten habe, die die Verantwortlichkeit für die Chemiewaffenangriffe klären soll.

Nach Angaben eines Sprechers der OPCW will die Organisation jedoch erst „in Kürze“ Experten nach Syrien schicken, die den mutmaßlichen Giftgasangriff in Douma untersuchen sollen. Der OPCW liegt eine entsprechende Einladung der syrischen Regierung vor. Der Sprecher äußerte sich allerdings nicht dazu, ob damit auch bereits alle logistischen Details geklärt sind und alle erforderlichen Sicherheitsgarantien vorliegen. Offen blieb zunächst auch, ob die OPCW vor der Entsendung des Expertenteams zunächst die von den Regierungen der USA und Frankreichs angedrohten Militärschläge gegen Syrien abwartet.

Ausgerechnet Syrien übernimmt den Vorsitz bei der Genfer Abrüstungskonferenz

Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezifferte am Mittwoch in Genf die Zahl der Menschen, die in Douma infolge des mutmaßlichen Giftgaseinsatzes in behelfsmäßigen Schutzunterkünften starben, auf mehr als 70 Personen. 43 von ihnen hätten die typischen Symptome von Menschen, die mit hochgiftigen Chemikalien in Kontakt gekommen seien. Etwa 500 Menschen mit diesen Symptomen sind derzeit in medizinischer Behandlung.

Geradezu absurd ist in diesem Zusammenhang, dass Syrien ab dem 28. Mai turnusgemäß für einen Monat den Vorsitz bei der Genfer Abrüstungskonferenz führt, wie es auf der Website der Organisation heißt. Von der Abrüstungskonferenz war einst das Verbot von Chemiewaffen ausgehandelt worden, das nun von der OPCW überwacht wird.

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