Trumps Syrien-Strategie: Alle Optionen offen

Erst kündigt Trump Raketen gegen Syrien an. Nur Stunden später lässt er seine Sprecherin zurückrudern. Jetzt ist wieder der UN-Sicherheitsrat am Zug.

Eine dunkelhaarige Frau im weißen Sakko steht selbstbewusst am Rednerpult im weißen Haus

Pressesprecherin Sarah Sanders musste für Trump wieder zurückrudern Foto: ap

WASHINGTON dpa | Wankelmut in Washington: Nach Donald Trumps provokanter Ankündigung eines Raketeneinsatzes in Syrien ruderte das Weiße Haus wenig später wieder zurück: „Es ist sicher eine Option, aber das heißt nicht, dass es die alleinige Option ist oder das einzige, was der Präsident tun könnte oder auch nicht“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, am Mittwoch in Washington.

Es gebe Gespräche mit den Verbündeten Israel, Saudi-Arabien, Frankreich und Großbritannien, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Auch einen Zeitplan gebe es nicht, betonte Sanders. „Alle Optionen sind auf dem Tisch.“

„Russland hat geschworen, alle Raketen abzuschießen, die auf Syrien abgefeuert werden. Mach' Dich bereit, Russland, denn sie werden kommen (…)“, hatte Trump am Mittwoch auf Twitter geschrieben. Das wurde allgemein als Provokation Moskaus aufgefasst. Am Donnerstag wollte erneut der UN-Sicherheitsrat in New York zu einem Treffen hinter verschlossenen Türen zusammenkommen, um die Frage einer drohenden militärischen Eskalation in Syrien zu erörtern.

Kremlchef Wladimir Putin hatte zur Vernunft aufgerufen. „Die weltweite Lage wird immer chaotischer“, sagte er in Moskau. „Wir hoffen, dass letztlich der gesunde Menschenverstand die Oberhand gewinnt und die internationalen Beziehungen in eine konstruktive Richtung gehen“, sagte er nach Angaben der Agentur Interfax.

In den USA selbst ist eine militärische Einmischung in Syrien rechtlich umstritten. Der Präsident muss laut US-Verfassung eigentlich die Einwilligung des Kongresses einholen. Eine Ermächtigung zum eigenmächtigen Handeln hat er nur im Kampf gegen den Terrorismus. Aus seiner eigenen republikanischen Partei kamen Stimmen, wonach kleinere Militäroperationen gedeckt werden könnten.

Francis Boyle, Rechtsprofessor

„Jeder US-Angriff auf die syrische Regierung würde klar sowohl US-Recht als auch internationales Recht verletzen“

Die meisten Demokraten halten einen Angriff gegen Syrien ohne UN-Mandat und Auftrag des Kongresses für rechtswidrig. Der in internationalen Konflikten erfahrene Rechtsprofessor Francis Boyle von der Universität Illinois erklärte: „Jeder US-Angriff auf die syrische Regierung würde klar sowohl US-Recht als auch internationales Recht verletzen.“

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu geht es in Syrien unter anderem um die militärische Präsenz des Irans. In einem Telefonat mit Putin machte er deutlich, dass Israel eine dauerhafte Präsenz iranischer Kräfte in Syrien nicht dulden werde. Israel werden erste Luftangriffe auf syrische Stellungen in den vergangenen Tagen zugeschrieben, bei denen auch iranische Soldaten ums Leben gekommen sein sollen.

Syrische Regierungstruppen haben laut Angaben der russischen Armee die Rebellenhochburg Ost-Ghuta bei Damaskus vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Die Flagge der syrischen Regierung sei auf einem Gebäude der Stadt Duma gehisst worden, erklärte der russische General Juri Jewtuschenko am Donnerstag nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen. Dies bedeute, dass die syrische Regierung „die Kontrolle über diese Stadt und folglich über ganz Ost-Ghuta hat“.

Das russische Fernsehen zeigte Bilder der syrischen rot-weiß-schwarzen Flagge mit zwei grünen Sternen über einem nicht näher benannten Gebäude. Zudem waren jubelnde Menschen zwischen zerstörten Gebäuden zu sehen. Jewtuschenko, Leiter des russischen Zentrums für die Versöhnung der Kriegsparteien in Syrien, sprach von einem „bedeutenden Ereignis in der Geschichte Syriens“.

Das russische Verteidigungsministerium teilte zudem mit, die am Vortag entsandte Militärpolizei habe mit Patrouillen in Duma begonnen. „Ab heute arbeiten Einheiten der russischen Militärpolizei in Duma“, erklärte das Ministerium laut der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Sie solle über die „Einhaltung von Recht und Ordnung in der Stadt sorgen.“ (afp)

Die syrische Armee ist schon seit Tagen in voller Alarmbereitschaft und hatte sich am Mittwoch von weiteren Stützpunkten zurückgezogen. Bereits am Dienstag verließ die syrische Armee einige Militärbasen, um einer möglicherweise bevorstehenden Attacke der USA und von deren Verbündeten weniger Angriffsfläche zu bieten.

Es wäre nicht der erste direkte Angriff auf Assad

Begonnen hatte die verbale Eskalation mit einem am Samstag gemeldeten Giftgasangriff auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Duma in Ost-Ghuta. Bei diesem sollen der Hilfsorganisation Weißhelme zufolge mindestens 42 Menschen getötet worden sein. Mehr als 500 Personen wurden demnach in Krankenhäusern behandelt. Die USA sprechen von mindestens 85 Toten. Die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) hatte angekündigt, ein zehnköpfiges Expertenteam für eine Untersuchung nach Duma schicken zu wollen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die USA und Präsident Trump die Assad-Regierung direkt angreifen. Das US-Militär hatte vor einem Jahr die syrische Luftwaffenbasis Schairat beschossen – als Reaktion auf den Giftgasangriff mit Dutzenden Toten auf die Stadt Chan Scheichun, für den UN-Experten die Regierung von Assad verantwortlich machten. Das Eingreifen der USA galt aber weitgehend als symbolisch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.