Rechtspopulisten bedrohen Pressefreiheit: Das angeblich bessere Früher

In Österreich will ein FPÖ-Politiker dem ORF Auslandskorrespondenten streichen und Trump fordert eine Journalisten-Kartei.

Mann vor mehreren Fernsehern

Bald nur noch Kirchenbilder statt politischer Berichterstattung im Fernsehen? Foto: ap

Eigentlich ist die „Korrektheit“, vor allem die politische, vielen Rechten ja ein Grauen. Politische Korrektheit, heißt es oft in konservativen und rechten Kreisen, befördere „Sprech- und Denkverbote“. Nun nutzt ausgerechnet ein Rechtspopulist aus Österreich das Wörtchen „korrekt“, um zu definieren, was Journalisten sagen dürfen – und was nicht.

Der FPÖ-Politiker Norbert Steger will ein Drittel der Auslandskorrespondenten des österreichischen Rundfunks ORF streichen, „wenn diese sich nicht korrekt verhalten“. Als Beispiel nannte er in den Salzburger Nachrichten die Ungarnberichterstattung, die er „einseitig“ fand. Damit dürfte er vor allem die Kritik an dem ungarischen Präsidenten und FPÖ-Freund Viktor Orbán meinen.

Norbert Steger ist nicht irgendwer. Er war Vizekanzler und sitzt seit 2010 im Stiftungsrat des ORF, dem höchsten Aufsichtsgremium des Senders. Er ist sogar als dessen Vorsitzender im Gespräch. Seine Partei ist seit Langem im Streit mit dem ORF.

Auch Donald Trumps Kampf gegen eine freie Presse nimmt gerade noch einmal Fahrt auf. Sein Heimatschutzministerium arbeitet am Aufbau einer Stelle zur Medienüberwachung. Online suchte das Ministerium eine Firma, die in der Lage ist, „mehr als 290.000 Nachrichtenquellen in 100 Sprachen“ aus der ganzen Welt auszuwerten und Informationen über Herkunft, Auflage, Reichweite und Rolle von Journalisten, Bloggern und Social-Media-Nutzern zu speichern. Wie das Ministerium die Informationen nutzen wird, ist noch unklar. Es braucht aber nicht viel Kreativität, um sich das vorzustellen.

Immer gleiche Argumente

Das Perfide daran ist: All die Trumps und Stegers dieser Welt argumentieren immer gleich. „Die Medien“ verbreiteten Lügen und seien nicht objektiv. Dabei entlarvt sich Norbert Steger doch selbst, wenn er – als Politiker – einerseits „eine objektivere Berichterstattung“ fordert, und andererseits Auslandskorrespondenten auf ihre Gesinnung hin überprüfen und rausschmeißen lassen will, wenn ihm deren Berichte nicht passen.

Überall behaupten RechtspopulistInnen, es gehe ihnen darum, unsere „alten Werte“ zu verteidigen: Der Islam gehöre nicht zur christlichen Tradition des Abendlandes. Die Homo-Ehe zerstöre die traditionelle Kernfamilie aus Vater, Mutter, Kind. Immer ist die Argumentation: Früher war alles besser.

Das Perfide daran ist: All die Trumps und Stegers dieser Welt argumentieren immer gleich

Dabei gehört doch gerade das Recht auf freie Meinungsäußerung zu diesem „Früher“. Es ist einer der ältesten Werte in der westlichen Welt, Europa und die USA sind quasi die Wiege der Pressefreiheit. 1695 schaffte England die Zensur ab und gewährte damit de facto eine freie Presse. 1766 verabschiedete Schweden das erste Pressefreiheitsgesetz der Welt. In den USA steht die Pressefreiheit seit 1791 in der Verfassung. Sie ist eine Errungenschaft der modernen Demokratie. Und ausgerechnet diesen ureuropäischen, uramerikanischen Wert wollen Rechtspopulisten verraten.

Sie tun das nicht erst seit Kurzem. So heftig wie derzeit wurde wohl noch nie über die öffentlich-rechtlichen Medien gestritten. Das ist einerseits gut, denn die Debatte darüber, was die Anstalten leisten und wie sie mit dem Geld der Beitragszahler umgehen sollen, ist wichtig. Das Schwierige an diesen Debatten aber ist: So weit, dass man wirklich über ernst zu nehmende Reformen sprechen könnte, gehen sie meist nicht. Rechtspopulisten, auch die AfD in Deutschland, greifen den Rundfunk so grundlegend an, dass es am Ende nur noch um die Frage geht: Öffentlich-Rechtliche – ja oder nein?

Jetzt schon ein Sieg

So war es gerade in der Schweiz, wo eine Gruppe aus Jungen Libertären und Rechtspopulisten eine Volksabstimmung über die Abschaffung der Rundfunkgebühr initiierte und die ganze Republik nur darüber diskutierte, ob sie den öffentlichen Rundfunk braucht oder nicht. Ja, entschied die Mehrheit der Schweizer.

So war es gerade in Dänemark, wo die Regierung beschlossen hat, den Rundfunk stark zu beschneiden. Auch dort trieben Rechtspopulisten eine Debatte voran, in der jede Kritik gleich zur Kritik am gesamten System der Öffentlich-Rechtlichen wurde.

Das ist der Sieg, den Rechtspopulisten mit ihren Attacken auf eine freie Presse schon jetzt errungen haben – aller Tradition zum Trotz.

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