Mietenwahnsinn-Proteste: Weiter Zähne zeigen

Die Mieterdemo war ein politischer und medialer Erfolg. Die Initiatoren wollen weitermachen, womöglich bundesweit.

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Wer zeigt hier wem die Zähne? Foto: dpa

BERLIN taz | Über die Polizei haben sich die OrganisatorInnen der Mietenwahnsinn-Demo geärgert. Noch vom Startpunkt der Demo am Potsdamer Platz ging die Behörde mit Teilnehmerzahlen an die Öffentlichkeit. Lediglich 2.000 zählte sie zu Beginn, erhöhte dann peu à peu, um letztlich bei knapp 14.000 zu landen. Die mit Handzählern ausgestatteten Teams der Veranstalter kamen später dagegen auf 25.000 TeilnehmerInnen. Viele Presseberichte waren da bereits geschrieben oder bezogen sich ausschließlich auf die Polizei.

Doch der kleine Unmut im Orga-Kreis ist nur ein Nebengeräusch. Über die politische Ausstrahlung der Demo gibt es keinen Zweifel. „Das war ein Bombenerfolg“, sagt am Montag etwa Magnus Hengge immer noch euphorisiert. Seine Kreuzberger Initiative Bizim Kiez gehörte zu den treibenden Kräften in dem Bündnis.

Die Demonstration, die von 250 Initiativen getragen und unterstützt wurde, hat ein Ausrufezeichen gesetzt, auch medial. Der Pressespiegel auf der Bündnis-Website ist beeindruckend lang: „Viel mehr wäre an Aufmerksamkeit nicht drin gewesen“, sagt Hengge. Was hinzukommt: viel mehr an positiver Resonanz auch nicht. Die bunt gemischte, kreative Demo hat selbst in der konservativen Presse viel Lob erfahren.

Während Politiker von Linken, Grünen, vereinzelt auch der SPD mitdemonstrierten oder ihre Sympathie zum Ausdruck brachten, war das Schweigen im konservativem Lager unüberhörbar. Ein Tweet vom FDP-Abgeordneten Mario Czaja (FDP) – „3.000 Demonstranten sind also ‚die Berliner‘, und ein Volksentscheid mit über einer Millionen Ja-Stimmen für TXL wird ignoriert“ – blieb die Ausnahme. Zu lesen ist daraus womöglich die Sorge der Neoliberalen, dass die Politik auf die durchaus radikal antikapitalistischen Forderungen der Demons­tranten reagieren könnte.

Bundesweites Thema

Es sei ihnen gelungen „die Wohnungskrise in den Städten als zentrales soziales Thema auf die politische Agenda“ zu setzen, teilte das Demobündnis mit. Am Dienstag findet ein Auswertungstreffen statt. Eine der Pressesprecherinnen, Franziska Schulte vom Berliner Mieterverein, kündigte am Montag der taz an: „Wir werden weiterhin über Aktionen nachdenken.“ Im Gespräch seien neue Veranstaltungs- und Aktionswochen, auch eine bundesweite Vernetzung. „Langfristig werden wir schauen, ob man Protestmärsche parallel durchführen kann“, so Schulte.

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Beschlossen ist allerdings noch nichts. Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) hatte in einem Videostatement von der Demo die Überführung des Bündnisses in eine „Plattform“ angeregt, die dauerhaft „Druck auf die Politik, vor allem die Bundespolitik“ ausüben sollte.

Geht es nach Hengge, sollte sich die gestärkte Bewegung zunächst wieder ganz konkreten Handlungsfeldern zuwenden: „Wir sollten den Schwung möglichst gezielt auf Einzelfälle lenken.“ Im Kampf gegen einzelne Spekulanten und Hausverwaltungen seien eher Erfolge zu erzielen als im großen politischen Rahmen. Viel Hoffnung, dass die Bundespolitik unter Bauminister Horst Seehofer (CSU) grundsätzlich umsteuert, haben die Aktivisten nicht. Die Demo war in dieser Hinsicht schon weiter. Ein als Seehofer verkleideter Mann gab auf Nachfrage zu Protokoll: „Ich demonstriere gegen mich selbst.“

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