Abholzung verstößt gegen EU-Recht: Der polnische Urwald bleibt stehen

Aktivisten kämpfen seit Monaten um den Erhalt des Urwalds in Polen. Nun entschied der EuGH: Die Abholzung war illegal.

Ein gefällter Baum im Wald

Das darf nicht sein, sagt die EU-Kommission Foto: ap

Polen hat mit seinen Maßnahmen im Urwald Białowieża gegen die Habitat-Richtlinie und die Vogelschutz-Richtlinie der EU verstoßen. Das stellte jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg fest.

Der Urwald Białowieża an der Grenze zu Weißrussland ist seit 2007 als „Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung“ eingestuft. Nach Auffassung der EU-Kommission handelt es sich um einen der am besten erhaltenen Naturwälder Europas. Der Urwald mit seinen großen Mengen an Totholz gilt etwa als Lebensraum für holzbewohnende (xylobionte) Käfer, wie den Goldstreifigen Prachtkäfer und den Rothalsigen Düsterkäfer. Auch spezielle Vogelarten wie der Dreizehenspecht und der Rauhfußkauz freuen sich über dort absterbende Fichten.

Polen hat allerdings 2016 Maßnahmen genehmigt, die nach Ansicht von Umweltschützern und der EU-Kommission diesen Lebensraum gefährden. So sollte im Forstbezirk Białowieża der Holzeinschlag verdreifacht werde und aktive waldwirtschaftliche Maßnahmen wie Sanitärhiebe in Gebieten vorgenommen werden, die zuvor von jeglichen Eingriffen ausgenommen waren.

Polen begründete dies mit einer „nie dagewesenen“ Ausbreitung des „Buchdruckers“, eines Borkenkäfers, der Fichten befällt. In der Wissenschaft überwiegt aber die Auffassung, dass die phasenweise Ausbreitung des Buchdruckers in alten Fichtenwäldern normal ist. Eine Gefahr für den Urwald und die dortigen Lebensräume bestehe daher nicht durch den Buchdrucker, sondern durch die Entfernung toter Fichten, die vom Buchdrucker besiedelt sind. Diese Auffassung hatten auch polnische Behörden noch im Jahr 2015 vertreten.

„Großer Sieg“ für die Abholzungsgegner

Der EuGH stellte nun fest, dass Polen zumindest eine gründliche wissenschaftliche Verträglichkeitsuntersuchung hätte vornehmen müssen, bevor es solch riskante Maßnahmen genehmigt. Da Polen dies aber unterlassen hatte, wurde der Klage der EU-Kommission am Dienstag jetzt in vollem Umfang stattgegeben

Der Chef der Umweltorganisation ClientEarth, James Thornton, sprach von einem „großen Sieg aller Verteidiger des Białowieża-Waldes“ Der seit Januar amtierende neue polnische Umweltminister Henryk Kowalczyk erklärte, Polen werde das EuGH-Urteil respektieren.

Der Streit um den Urwald von Biało­wieża erhielt europapolitische Bedeutung, als der EuGH im Juli 2017 weitere Eingriffe per einstweiliger Anordnung verbot und der damalige polnische Umweltminister Jan Szyszko erklärte, Polen werde dennoch damit fortfahren. Im November 2017 drohte der EuGH daher Zwangsgelder in Höhe von 100.000 Euro pro Tag an. Polen stellte daraufhin die umstrittenen Maßnahmen ein. Es war das erste Mal, dass der EuGH Zwangsgelder schon im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes androhte. Damit hat sich der EuGH ein neues Instrument geschaffen, mit dem er renitente EU-Mitgliedstaaten effizient disziplinieren kann.

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