Ein Auto für Viele: Erfolg durch teilen

Laut einer Studie ersetzen die 344 in Bremen stationierten Carsharing-Wagen mehr als 5.000 Privatautos. Das Wachstumspotenzial bleibt groß

Um leidige Wartungen müssen sich Autoteiler nicht selbst kümmern Foto: Patrick Pleul (dpa)

BREMEN taz| Carsharing ist in Bremen noch effektiver als gedacht, das ist das Ergebnis einer am Montag vorgestellten Studie. Derzufolge haben 2.352 Cambio-, Flinkster und Move-About-Kund*innen mit erstem Wohnsitz in Bremen ihr Privat-Auto abgeschafft, kurz bevor oder kurz nachdem sie zu Wagenteiler*innen wurden. Auf die Neuanschaffung eines PKW verzichtet sollen sogar 2.741 von ihnen haben. Weil Bremens Car-Sharing-Unternehmen derzeit eine Flotte von 344 Autos vorhalten, ergibt sich nach Hochrechnung von Untersuchungsleiter Hannes Schreier, dass jedes Car-Sharing-Fahrzeug hier 16 Privatwagen ersetzt. „Das ist eine deutlich höhere Parkraum-Entlastung, als wir sie zum Beispiel in München feststellen konnten“, so Schreier.

Durchgeführt hatte die Untersuchung im vergangenen Sommer das Berliner Mobilitätsforschungsbüro „Team red“ im Auftrag des Umwelt- und Verkehrssenators. Ihre Methodik betont die Effizienz von Carsharing: Zum einen wurden die Bremer Kund*innen-Daten per online-Erhebung gesammelt. Etwas länger als 20 Minuten hat es im Schnitt gedauert, den Fragebogen auszufüllen. Die Folge ist ein Rücklauf, der mit 14 Prozent „im geringen, aber akzeptablen Bereich“ gelegen habe – und im Wesentlichen von besonders motivierten Autoteiler*innen stammen dürfte. Zum anderen wird jemand, der sein altes Auto abschafft und auf die Anschaffung eines Neuwagens verzichtet, hier doppelt gewertet, als hätte er zwei Wagen stillgelegt.

Allerdings ist es laut Schreier „internationaler Standard, diese Werte zu addieren“ – und Vergleichbarkeit ist wichtig, gerade wenn sich Bremen einmal als Vorbild fühlen darf. Städte und Gemeinden könnten laut Willi Loose, dem Chef des Bundesverbands Carsharing „die Studie als Anlass nehmen, um Carsharing zu fördern“. Schließlich hat Bremen in diesem Bereich schon jetzt eine ungewohnt gute Ausstrahlung: So soll am Mittwoch im norwegischen Bergen der erste Mobilpunkt nach Bremer Modell eingeweiht werden. Und Nürnberg hat sich zusichern lassen, dass es seine Carsharing-Stationen auch Mobilpunkt nennen darf – mit Hinweis auf die freundliche Genehmigung der Freien Hansestadt.

„Wir haben die Namensrechte am Begriff Mobilpunkt“, erläutert Michael Glotz-Richter, der bereits unter Reinhard Loske (Grüne) beim Verkehrssenator als Referent für nachhaltige Mobilität den Bremer Carsharing-Aktionsplan konzipiert hatte. Dessen Ziel, bis 2020 – nach der skizzierten Rechenweise – die Stadt um 6.000 PKW zu entlasten und mindestens 20.000 Nutzer*innen zu erreichen, bleibt ehrgeizig: Aktuell liegt die Zahl bei 14.800.

Aber illusorisch scheint sie nicht: „Wir hatten im vergangenen Jahr ein Wachstum von 14 Prozent“, sagt Kerstin Homrighausen, Geschäftsführerin beim Platzhirsch Cambio. „Wenn wir das Tempo halten, sind wir im Mai 2020 bei 20.000.“ Und der Markt sei keineswegs gesättigt, sondern höchstens dadurch begrenzt, „dass wir noch nicht wissen, wie wir die wirklich Auto-affinen Leute ansprechen“. Als eine andere Wachstumsbremse könnte sich erweisen, dass „die jungen Menschen am Ende gar keinen Führerschein mehr machen“, so Homrighausen. „Wir bei Cambio wären aber die letzten, die sich über so eine Entwicklung beklagen würden.“

Als „nicht ganz so dynamisch“ bezeichnet der Leiter der Move-About-Kundenbetreuung, Markus Funke, das Wachstum seiner Firma: Möglich, dass manche noch mit Elektro-Autos fremdeln, auf die sich das Unternehmen spezialisiert habe. Vor allem ist der vor zehn Jahren gegründete zweite Bremer Anbieter noch weitgehend unbekannt: Nur acht Prozent der Bremer*innen kennen ihn, bei Cambio sind es 85 Prozent. Dass aber laut Studie 39 Prozent der KfZ-Besitzer*innen mit dem Gedanken spielen, ins Autoteilen einzusteigen, stimmt ihn optimistisch: „Das ist doch ein großes Potenzial.“

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