petition der woche
: Eine Mutter kämpft um ihren Sohn

Anlass der Petition: L. J. wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten festgenommen

Das wollen die Initiatoren: seine Freilassung

Das wollen sie nicht: ein intransparentes Gerichtsverfahren und menschenunwürdige Haftbedingungen

Der Mann ist jetzt komplett alleine“, sagt der Psychologe Thomas Alexander Frank und meint damit L. J., der seit sieben Monaten in den Vereinigten Arabischen Emiraten inhaftiert ist. J., ein 39-jähriger Lehrer aus dem bayrischen Landau, hatte Informatik an einer internationalen Schule in al-Ain unterrichtet, bis er Anfang Oktober letzten Jahres festgenommen wurde.

Was genau mit ihm passiert ist, war lange unklar. Für seine Familie in Deutschland blieb J. ab dem Zeitpunkt seiner Verhaftung verschwunden. Erst knapp zwei Monate später, an Weihnachten, wurde ihm der erste Anruf aus dem Gefängnis erlaubt. Zunächst eine Erleichterung für die Angehörigen, aber auch neuer Grund zur Sorge: J. zeigte sich geschwächt durch die Haftbedingungen, er habe 18 Kilo Gewicht verloren und eine Lungenentzündung gehabt, beschreibt seine Mutter A. J.-B.: „Angemessene medizinische Versorgung wurde ihm verweigert.“ Auch was J. vorgeworfen wurde, blieb vage. Auf „elektronische Beleidigung“ habe die Anklage gelautet.

Im März reiste Thomas Frank, der die Familie J. in der Angelegenheit psychologisch unterstützt, in die Vereinigten Arabischen Emirate und besuchte L. J. im Gefängnis. J. wirkte stark unterernährt und dehydriert auf ihn, klagte über Herzprobleme. Am meisten habe er jedoch unter dem psychischen Druck gelitten. Willkürliche Drangsalierungen durch das Wachpersonal, Einzelhaft bei zu niedrigen Temperaturen als Disziplinierungsmaßnahme und vor allem die Ungewissheit über den Grund seiner Verhaftung – „Er war völlig am Ende“, sagt Frank.

Der Fall J. ist dem Auswärtigen Amt bekannt. Das Generalkonsulat Dubai betreut J. konsularisch. Um die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen zu schützen, erteilt das Amt aber keine weiteren Auskünfte.

Seine Mutter wandte sich an die Öffentlichkeit. Unter anderem „Stern TV“ und verschiedene britische Zeitungen berichteten über den Fall, die Petition auf change.org erreichte schnell über 250.000 Unterschriften. Auf dem Höhepunkt der Kampagne veröffentlichte die regierungsnahe Zeitung The National aus Abu Dhabi einen Artikel, L. J. sei nicht etwa wegen elektronischer Beleidigung angeklagt. Er habe mehrere hundert kinderpornografische Bilder und Videos über eine Filesharing-Plattform heruntergeladen und sei dafür zu einem Jahr Haft und einer Geldstrafe verurteilt worden.

Weder J. noch seine Familie haben bis heute das Urteil oder die Beweisführung zu Gesicht bekommen, sagt Thomas Frank. Ihm gegenüber berichtete J., er sei mit verbalen und physischen Drohungen gezwungen worden, seinen Fingerabdruck unter ein arabisches Dokument zu setzen. Weder den Inhalt noch später die Gerichtsverhandlungen, die größtenteils auf Arabisch geführt wurden, habe er verstehen können.

Erst im Nachhinein habe er erfahren, dass es sich bei dem Schriftstück um ein Geständnis gehandelt haben soll. Er beharrt weiter auf seiner Unschuld. Für A. J.-B. ist es seit der Veröffentlichung der Kinderpornografie-Vorwürfe allerdings fast unmöglich geworden, Unterstützung für die Freilassung ihres Sohnes und die Aufklärung seiner Verhaftung zu erhalten.

Niklas Vogel