Bärgida und „Wir für Deutschland“: Ja, sie marschieren immer noch

Bärgida marschierte am Montag zum 173. Mal durch Berlin. Diesmal traf man auf eine zweite rechte Kleingruppe.

menschen mit Deutschlandfahnen unter einer Brücke, beäugt von der Polizei

50 Rechte vor Beginn ihrer Demo Foto: Katharina Meyer zu Eppendorf

BERLIN taz | Ja, es gibt sie immer noch. Bärgida, der Berliner Ableger von Pegida, diesen selbst ernannten patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes, marschierte am Montag zum 173. Mal durch Berlin. 173 Mal, das sind fast dreieinhalb Jahre.

„Leute, es kann losgehen“, sagt der Anmelder der Bärgidisten-Demo um 18:45 Uhr am Berliner Hauptbahnhof. Der Mann in Latschen und grauem Tanktop freut sich: „Ich glaub wir sind so 30 Leute, oder? Toll!“ Auch toll: Gleich werde man am Berliner Zoo auf die rechtspopulistische Bewegung „Wir für Deutschland“ treffen. Deswegen: Schnell rein in den Bahnhof, rauf aufs Gleis, rein in die S-Bahn. Begleitet von der Polizei.

Anders die Kollegen. Eine Gruppe der insgesamt 20 Teilnehmer:innen von „Wir sind Deutschland“ kommt auf Leihrädern angefahren. Marke Mobike, chinesischer Hersteller.

Der Rest der Versammlung ist weniger international. Wer hier unter der Brücke am Hardenbergplatz steht, ist meist weiß, über 40 und mit irgendwas mit Deutschland behangen. Zu sehen sind USA-, Deutsches Kaiserreich oder Stauffenberg-Flaggen. Oder Plakate, wenn man sie denn so nennen kann. Auf ihnen stehen altbekannte Sprüche: „Andersdenkende sind keine Nazis“ und „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Die Redebeiträge haben ähnlichen Inhalt, skandiert wird: „Merkel muss weg“, „Kein Dschihad in unsrer Stadt“ und „Antifa, rote SA“.

„Es heißt ‚Il Duce‘“

Dabei ist von der Antifa gar nichts zu sehen. Bärgida und „Wir für Deutschland“ können, begleitet von der Polizei, recht gemütlich durch Charlottenburg laufen. Immerhin ein paar Anwohner:innen zeigen sich weniger erfreut. Menschen auf Balkonen schütteln den Kopf, zeigen Mittelfinger, rufen: „Haut ab, Haut ab“. Bärgida ist's egal, man versucht sich mit den europäischen Nachbarn zu solidarisieren: Als der Bärgidisten-Zug ein italienisches Restaurant auf Höhe der Augsburger Straße erreicht, schreit ein Demonstrant: „Viva la Duce“. Aus dem italienischen Restaurant ruft es sofort zurück: „Es heißt ‚Il Duce‘“

Der politische Gegenwind oder „linke Pöbel“, wie Bärgida ihn nennt, wartet indes am Viktoria-Luise-Platz, dem Ende der Demonstration. Das Bündnis „Berlin gegen Nazis“ hatte zur Gegendemonstration mobilisiert. Wie immer. Mit der Ausdauer sind die Rechten nicht allein. Und so beginnt das Konzert: Während Bärgida mit schlechtem Mikrofon gegen den Marxismus, den Islam, die politische Elite wettert, ruft es aus dem politischen Gegenlager: „Haut ab, Haut ab“, „Nationalismus raus aus den Köpfen“ und „Refugees are welcome here“. Zwischendrin ein Liedchen nach der Melodie des Ententanzes: „Schalalala, meck, meck, meck“. Eine alte Frau mit weißen Haaren und Trillerpfeife hat es angestimmt.

Von den Bärgidisten gibt es zum Abschluss das Deutschlandlied zu hören. Und zwar mit allen Strophen, die einem so einfallen. Die Gegendemo antwortet mit K.I.Z: „Denkt ihr die Flüchtlinge sind in Partyboote gestiegen / Mit dem großen Traum im Park mit Drogen zu dealen?!“. Die Linken wollen außerdem einen Hitlergruß gesehen haben. „Das ist eine Straftat, liebe Berliner Polizei“, weisen sie diese darauf hin.

Um 20:53 steigen die Bärgidisten in den U-Bahn Schacht. Als sie weg sind, sagt ein Demonstrant ins Mikrofon: „Danke an alle, die heute gekommen sind. Wir freuen uns, wenn ihr auch nächste Woche dabei seid. Wie immer, um 18:30 Uhr.“

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