Katholikentag in Münster: Frieden gesucht, AfD präsentiert

Beim katholischen Laientreffen tritt mit Volker Münz ein Rechtspopulist auf. Vom Podium herab macht er Flüchtlinge und Muslime nieder.

Ein Transpi auf dem Katholikentag auf dem "Suche Frieden, aber nicht für die AfD" steht

AfD-Mann Münz stieß auf Widerstand beim Katholikentag Foto: dpa

MÜNSTER taz | Unter lautstarkem Protest ist in Münster erstmals ein Politiker der rechtspopulistischen AfD auf einem Katholikentag aufgetreten. Schon vor Beginn der mit der Gretchenfrage aus Goethes Faust, „Nun sag, wie hast Du's mit der Religion“, überschriebenen Diskussion zogen am Samstag mehr als 1.000 DemonstrantInnen vor die Halle Münsterland. „Kein Frieden, keine Bühne der AfD“ stand auf ihren Plakaten.

Auf dem Lautsprecherwagen machte Carsten Peters, Sprecher des Münsteraner Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“ und grüner Ratsherr, die Position der DemonstrantInnen klar: Die AfD sei „die Partei des Hasses, des Rassismus' und der sozialen Ausgrenzung“ – und die Einladung ihres kirchenpolitischen Sprechers Volker Münz durch die Katholikentagsleitung ein Beitrag zur „schleichenden Normalisierung der AfD und ihrer nationalistischen Inhalte“.

In der Halle gingen die Proteste weiter: Beim ersten, als Videobotschaft eingespielten Statement von Münz versammelten sich etwa 20 Gegner der Rechtspopulisten vor der Bühne. Dessen Partei sei „faschistoid“, riefen sie – und verwandelten das Motto des Katholikentags, „Suche Frieden“, in den Slogan „Suche Frieden – aber nicht die AfD“.

Was folgte, war eine in weiten Teilen unstrukturierte Diskussion. In seinem Bemühen, den von der Katholikenstagsleitung gewünschten Diskurs von VertreterInnen aller im Bundestag vertretenen Parteien in Gang zu halten, setzte der Moderator, der 30-Jährige Dresdner Theologe Thomas Arnold, auf möglichst offene Fragen. „Wo ist Ihr Glaube Ankerpunkt“ oder „Wie setzen Sie sich persönlich für den Frieden ein“, wollte er wissen – und erntete entsprechend wenig aussagekräftige Antworten.

Protest von Christen erwartet

So blieb den Politikerinnen Christine Buchholz (Linke), Kerstin Griese (SPD) und Bettina Jarasch (Grüne) die Klarstellung überlassen, dass der Auftritt von Münz beim größten katholischen Laientreffen eben nicht gewöhnlich war, sondern von nicht wenigen als Tabubruch betrachtet wurde – eine direkte Konfrontation von Münz mit einem Kirchenfürst oder hohen Vertreter des Zentralkomittees der Deutschen Katholiken (ZdK) hatte die Katholikentagsleitung von vornherein vermeiden wollen.

Die Proteste gegen den flüchtlingsfeindlichen AfDler seien „wichtig“, betonte Buchholz schon in ihrem Eingangsstatement – sie erwarte von ChristInnen, sich gerade für die Rechte von „Minderheiten, Geflüchteten, Muslimen“ einzusetzen. „Die christliche Nächstenliebe ist mit vielem, was Herr Münz in seiner Partei vertritt, nicht vereinbar“, stellte auch die Sozialdemokratin Griese, die dem Rat der Evangelischen Kirche angehört, klar. Die Positionen von Münz und seiner AfD seien nicht mit dem „christlichen Menschenbild“ vereinbar, kritisierte auch die Grüne Jarasch, die Teil des ZdK ist.

Münz dagegen konnte trotz aller Entschärfungsversuche durch Moderator Arnold die AfD-Linie präsentieren, die er schon vor dem Katholikentag gegenüber der taz skizziert hatte: Der Islam kenne den Begriff der Nächstenliebe nicht, sei deshalb keine aufgeklärte Religion. „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, tönte der 53-Jährige vom Katholikentagspodium herab. Die Bundesrepublik könne „nicht Millionen Flüchtlinge aufnehmen“ – das sei „nur scheinbar christlich“.

CDU, SPD, FDP, Grüne und Linke hätten kollektiv „Schuld auf sich geladen“, erklärte Münz, der die Pegida-nahe „Erfurter Resolution“ des Parteirechten Björn Höcke unterzeichnet hat. Deshalb seien sie verantwortlich für „Messerstechereien, Vergewaltigungen und Terroranschläge“.

Auch Münz hatte seine Claqueure

Zu weit ging das selbst dem Christdemokraten Christian Hirte. Als „böse“ verurteile Münz pauschal alle Muslime. „Das geht nicht“, sagte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. „Wer die Scharia über das Gesetz stellt, der ist hier in unserem Land falsch“, erklärte der Thüringer, der wie viele ostdeutsche Christdemokraten offenbar in Richtung AfD anschlussfähig werden will, aber auch.

Nur angerissen wurden in der Diskussion dagegen die Kopftuchdebatte, religionsverfassungsrechtliche Themen etwa um das Kirchensteuerprivileg und den Religionsunterricht an Schulen – ebenso wie die vom bayerischen CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder im Landtagswahlkampf angeschobene Kreuz-Debatte. Söder will das christliche Symbol in jedem öffentlichen Gebäude sehen. „Irgendjemand muss Söder mal sagen, dass Jesus ein Jude aus dem Orient war“, meinte die Sozialdemokratin Griese unter Jubel und Applaus aus dem Publikum dazu. Allerdings: Auch Münz hatte seine Claqueure im mit 800 Menschen voll besetzten Saal – bei der Bundestagswahl im vergangenen September, bei der die AfD 12,6 Prozent der Stimmen erhielt, haben immerhin 9 Prozent der KatholikInnen AfD gewählt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.