Kommentar Datenschutz und DSGVO: Ein Schwert zur rechten Zeit

Schluss mit Hetze und Manipulation: Mit der Verordnung hat Europa ein Mittel gegen die Machtposition der Techkonzerne gefunden.

Pappfiguren mit dem Gesicht Mark Zuckerbergs bei Demo in Brüssel

Im Netz wird mit so manchen persönlichen Daten gehandelt Foto: reuters

Der Handel mit Daten, der Austausch und die Verwertung privater Informationen sind ein lukratives Geschäftsmodell. Daten sind das Rohöl des 21. Jahrhunderts, dem Datenhandel Herr zu werden ist nahezu unmöglich.

Die Europäische Union versucht es derzeit trotzdem. Aus keinem geringeren Grund als zum Schutz unserer Grundwerte. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani sieht die sozialen Medien als große Bedrohung für die Demokratie. Er äußerte sich besorgt darüber, dass Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Diskriminierung jeglicher Art über Plattformen wie Facebook oder Twitter verbreitet würden. Die politischen Entscheidungen der Nutzer würden so massiv beeinflusst. Es seien manipulative Kräfte im Netz aktiv, die die Demokratie ernsthaft ins Wanken brächten. Nächster Angriffspunkt, so seine durchaus begründete Befürchtung: die Europawahlen im kommenden Jahr.

Gegen die unsichtbare Gefahr aus dem Netz setzt Brüssel nun auf die Macht demokratischer Instrumente. Das EU-Parlament lud Facebook-Chef Mark Zuckerberg am Dienstag vor – um im Fall Cambridge Analytica Rede und Antwort zu stehen. Daten von Millionen Facebook-Nutzern gelangten in die Hände der britischen Analysefirma. Sie spielte eine entscheidende Rolle im US-Präsidentschaftswahlkampf und bei der Brexit-Entscheidung in Großbritannien.

In Brüssel entschuldigt sich Zuckerberg routiniert für seine „Datensünden“. Anderes hätte man von ihm auch nicht erwartet. Doch anders als in den USA kennen sich die EU-Abgeordneten mit Micro-Advertising, mit Algorithmen, mit Fakeprofilen bestens aus. Der Fragenkatalog an den Facebook-Chef hatte es in sich. Was nicht live beantwortet wurde, soll Zuckerberg nachliefern. Floskeln reichen nicht, die EU-Abgeordneten fordern konkrete Zusagen. Denn: Es geht ihnen um mehr als die Aufklärung einer einzelnen Datenaffäre. Es geht ums große Ganze, den Wertekanon, den der Datenhandel auf die Probe stellt.

Zuckerberg sollte jede Woche antanzen

Die Volksvertreter haben recht damit, das Thema moralisch anzugehen. Mark Zuckerberg sollte am besten jede Woche vor den Parlamentariern antanzen und sich ihren Fragen stellen. Denn schließlich beherrscht er wie kein anderer den Online-Markt und hat damit Macht über Daten von Millionen Nutzern. Bisher konnte der Facebook-Chef, zu dessen Konzern auch der beliebte Messenger-Dienst Whatsapp gehört, nicht überzeugend klarmachen, dass er sein Geschäftsmodell ändert oder den Schutz privater Daten tatsächlich ernst nimmt.

Doch das sollte er besser. Anhörungen im Parlament, die Datenschutzverstöße ab und an kurz mal ins Rampenlicht rücken, mögen vor allem symbolischen Wert haben. Aber sie sind ein demokratisches Mittel, um auch Unternehmer wie Zuckerberg, die eine Monopolstellung innehaben und freudig Steuerschlupflöcher nutzen, in die Mangel zu nehmen.

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Seit dieser Woche hat die EU auch noch eine Spezialwaffe in der Tasche. Geboren in Brüssel, mit eindeutigem deutschem Fingerabdruck, gilt seit 25. Mai die Datenschutz-Grundverordnung – kurz DSGVO. Damit schlägt die EU zurück – oder besser: Sie hält dagegen – gegen die lukrativen Geschäftsmodelle der großen und kleinen Techfirmen, die die kostbare Ware Daten so sorglos behandeln. Rund zehn Jahre dauerten die Vorbereitungen zur DSGVO­ an. Ihr Anspruch: Den Verbrauchern die Hoheit über ihre Daten zurückzugeben. Firmen, die gegen das Regelwerk verstoßen, müssen mit hohen Geldstrafen bis zu vier Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes rechnen.

Mit der DSGVO gibt es endlich einen Hebel, mit dem man bisher scheinbar unangreifbaren Unternehmen Verstöße nachweisen und diese auch ahnden kann. Noch nie zuvor haben die EU-Staaten den Schutz privater Daten ihrer Bürger so ernst genommen. Das Regelwerk kommt zur rechten Zeit – nun liegt es an den Staaten, das bürokratische Monster als scharfes Schwert einzusetzen.

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