Verfassungsschutz überprüfte NGOs: Jetzt wehren sie sich

Opferberatungsstellen sind empört, dass der Verfassungsschutz sie im Visier hat: Sie stünden doch schon mit dem Rücken zur Wand.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln

Kümmert sich um böse Lümmels und Demokratieprojekte: Bundesamt für Verfassungsschutz Foto: dpa

BERLIN taz | So kann das nicht weitergehen – sagen sie. Die Bundesverbände der Mobilen Beratung und der Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt kritisieren die Ausforschung von Demokratieprojekten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. „Wir fordern die sofortige Einstellung der geheimdienstlichen Überprüfung der Demokratieprojekte“, sagte Heiko Klare vom Bundesverband der Mobilen Beratung (BMB). Ob ein Träger der Demokratiearbeit förderfähig sei, dürfe nicht durch das Bundesamt für Verfassungsschutz entschieden werden, sondern müsse an Qualitätsstandards festgemacht werden, so Klare.

Am Mittwoch hatte die taz berichtet, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz seit dem Jahr 2004 insgesamt 51 Demokratieprojekte ohne deren Wissen „auf mögliche verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse“ überprüft hatte. Die Projektträger hatten sich im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ um Mittel des Bundesfamilienministeriums beworben oder ihr Interesse daran bekundet. Das ging aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (Linksfraktion) hervor.

Laut Bundesregierung sei es allerdings in keinem der Fälle zu einem Ende der Förderung gekommen. Nicht eindeutig hervor geht aus der Antwort, ob Förderungen eventuell erst gar nicht bewilligt wurden.

Die Bundesverbände kritisieren nun, dass unklar bleibe, welche Anlässe zur Überprüfung von Projektträgern führten, welche Rechtsgrundlage und welche Kriterien einer solchen Prüfung zu Grunde lägen und in welcher Form das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen gesammelt und weitergeleitet habe.

„Ausdruck grundsätzlichen Misstrauens“

Robert Kusche, Vorstand im Bundesverband der unabhängigen Opferberatungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG), sagte, er sehe in der Überprüfung „einen weiteren Ausdruck des grundsätzlichen Misstrauens gegenüber denjenigen, die sich für Opfer rechter Gewalt und gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus einsetzen“.

In den beiden Bundesverbänden, die ihre Kritik nun formulieren, sind insgesamt 47 Mobile Beratungsteams und 13 unabhängige Opferberatungsstellen zusammengeschlossen, die in unterschiedlichen Regionen Deutschlands Opfer beraten und die demokratische Teilhabe stärken sollen.

„Wir fordern vom Bundesfamilienministerium eine vollständige Offenlegung der Rechtsgrundlage für diese von Misstrauen statt Vertrauen und Respekt bestimmte Praxis gegen Projekte, die oft mit dem Rücken zur Wand demokratische Werte verteidigen“, sagte Kusche.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.