Führungsposten an der New Yorker Börse: Die Nachfolgerin von 66 Männern

Sie ist die erste Frau an der Spitze der größten Börse der Welt: Stacey Cunningham übernimmt am Freitag die Führung der New York Stock Exchange.

Eine Frau steht vor Bildschirmen und lächelt

Weiß, was sie tut: Stacey Cunningham Foto: reuters

NEW YORK taz | Nach läppischen 226 Jahren tritt an diesem Freitag eine Frau an die Spitze der größten Börse der Welt. Die 43-jährige Stacey Cunningham wird Präsidentin des New York Stock Exchange (NYSE) und Nachfolgerin von 66 Männern. Nach Adena Friedman, die bereits im letzten Jahr an die Spitze des Konkurrenzunternehmens Nasdaq trat, ist Cunningham die zweite Frau in der obersten Sphäre der Finanzindustrie an der Wall Street.

„Es ist ein großer Tag für die NYSE“, reagierte Dick Grasso, der in den 90er Jahren Chef war. „Glückwunsch an eine, die Geschichte schreibt“, tweeteten ihre ehemaligen KommilitonInnen, mit denen Cunningham im Jahr 1996 ihr Ingenieursstudium an der Lehigh Universität abschloss.

Cunningham hat den Job von der Pike auf gelernt. 1994 kam sie als Praktikantin in die NYSE. 1996 trat sie dort ihren ersten Job an. „Ich habe mich in die NYSE verliebt“, sagte sie in einem Interview mit der Financial Times. Seither hat sie sämtliche Karrierestufen, von der Sachbearbeiterin über die Händlerin und Lobbyistin bis zuletzt zur Geschäftsführerin durchlaufen und sich die hermetische Sprache der BörsianerInnen zu eigen gemacht.

Niemand bezweifelt, dass Cunningham eine neue gläserne Decke in einer Männerbastion durchbrochen hat. Aber die NYSE, die einst 5.000 Leute beschäftigte, hat eine unsichere Zukunft. Nur noch 700 Leute arbeiten täglich an der Börse, und der NYSE-Anteil am Aktienumsatz in den USA ist von 40 Prozent im Jahr 2000 auf jetzt noch 22 Prozent geschrumpft. Es kommt hinzu, dass wegen technologischer Neuerungen längst nicht mehr alle Transaktionen an der physischen Börse stattfinden.

Die NYSE hat ihren Sitz in einem klassizistischen Gebäude hinter einer Fassade mit Säulen, die wie ein Tempel anmutet. Von den Kriegsanleihen über die Eisenbahngeschäfte, von den Börsenkrächen bis hin zu den Finanzkrisen, war dies der entscheidende Platz im US-amerikanischen Kapitalismus, an dem auch die großen europäischen Player präsent sein wollten. Cunningham will, dass das so bleibt.

In ihrem Visier sind vor allem die „Unicorns“, die bislang den Börsengang scheuen

Zusätzlich will sie den Handel in „Dark Pools“ – außerhalb der Börsen – einschränken und versuchen, neue Unternehmen zu holen. In ihrem Visier – wie dem der anderen Börsen – sind vor allem die „Unicorns“ – die auf mehr als eine Milliarde Dollar bewerteten Start-ups wie Uber und Airbnb – die bislang den Börsengang scheuen.

„Dank elektronischem Handel, Maschinen und Algorithmen geht es auch ohne physische Börse“, sagt Cunnigham, „aber wir verschaffen unseren Kunden zusätzlichen Wert und ich hoffe, dass wir in fünf Jahren noch hier sitzen.“

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