Österreich geht gegen Moscheen vor: Muslime vor verschlossener Tür

Österreich schließt sieben Moscheen und weist 40 Imame aus. Der Grund: Finanzierung aus dem Ausland. Das ist seit 2015 verboten.

Ein Mann drückt die Klinke einer verschlossenen Tür. Daran hängt ein Schild: "geschlossen"

Geschlossene Moschee in Wien. Eine von sieben in Österreich Foto: ap

WIEN taz | Österreichs Regierung verfügt die Schließung von sieben Moscheen und leitet die Ausweisung von bis zu 40 Imamen ein. Das gaben Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Freitag in einer ungewöhnlich früh und ungewöhnlich hochkarätig besetzten angesetzten Pressekonferenz bekannt.

Betroffen sind sechs Gotteshäuser der Arabischen Kulturgemeinde und eines der rechtsextremen türkischen Grauen Wölfe im Wiener Arbeiterbezirk Favoriten. Diese Moschee sei selbst für die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) illegal gewesen, so Kanzleramts- und Kultusminister Gernot Blümel (ÖVP): „Es war notwendig, das Islamgesetz anzuwenden, damit Rechte der Muslime nicht verletzt werden.“

Das 2015 verabschiedete Islamgesetz verbietet unter anderem die Finanzierung von Moscheen und religiösen Vereinen aus dem Ausland und schreibt die Ausbildung von Imamen in Österreich vor. Außerdem fordert es eine positive Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft. Dagegen hätten etwa Vertreter von Moscheen der Arabischen Kultusgemeinde mit salafistischen Äußerungen verstoßen.

Kurz erinnerte außerdem an kürzlich bekannt gewordene verstörende Bilder von Kindern in Tarnuniformen, die blutrünstige Szenen aus dem Ersten Weltkrieg nachstellen mussten.

„Bundeskanzler Kurz braucht ein Feindbild“

Die Imame, gegen die wegen Verletzung des Gesetzes ermittelt wird, gehören der Türkisch-Islamischen Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich (ATIB) an. Gegen sie bestehe der Verdacht, dass Umgehungskonstruktionen hinsichtlich ihrer Finanzierung geschaffen wurden. Zwei Imame hätten bereits negative Aufenthaltsbescheide bekommen.

ATIB-Sprecher Yasar Ersoy gab zu, dass viele Imame Angestellte der türkischen Religionsbehörde Diyanet seien und daher vom Ausland bezahlt würden, forderte aber eine Übergangszeit, da in Österreich keine adäquate Ausbildung geboten werde. Manche der Betroffenen lebten seit mehr als 40 Jahren in Österreich.

Der EU-Abgeordnete der Grünen Michel Reimon wundert sich über das Timing: „Schwarzblau hat den Zeitpunkt der Verkündung mit Absicht gewählt, denn Bundeskanzler Kurz braucht einen starken türkischen Präsidenten als Feindbild für seine Anti-Islam-Kampagne.“

Diese Meinung vertritt auch der Autor Thomas Rammerstorfer, der vor kurzem ein Buch über die Grauen Wölfe vorgestellt hat. Er sieht die Schließung der Moschee in Favoriten als Effekthascherei, denn die gehöre einer Splittergruppe ohne jede Repräsentativität. „Graue Wölfe“ sei ein Überbegriff für eine relativ große Bewegung, die durch die Türkische Föderation ATF repräsentiert werde und im Bündnis mit Präsident Erdogan stehe. Die Splittergruppe gehöre nicht der ATF an, so Rammerstorfer im Ö1 Mittagsjournal.

Für ihn nutzt der Coup der Regierung vor allem der türkischen Rechten. Prompt bezeichnete Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin die Maßnahme in einer ersten Reaktion als „Resultat einer rassistischen Welle“, die kein anderes Ziel habe, als politische Vorteile zu ziehen.

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