Rassismus und Sexismus im Netz: Das Imperium schlägt zurück

Die Schauspielerin Kelly Marie Tran wird übel beleidigt. Die Trolle ertragen es nicht, dass sie eine wichtige Rolle im Star-Wars-Universum spielt.

Die Schauspielerin Kelly Marie Tran steht in einem Kleid vor einer roten Wand und posiert für Fotografen

Kelly Marie Tran ist die erste Woman of Color mit einer tragenden Rolle in „Star Wars“ Foto: imago/ZUMA Press

Gewalt muss nicht immer physisch sein. Auch Worte können schmerzen. Verletzen. Stumm machen. So war es wohl, als die amerikanische Schauspielerin Kelly Marie Tran Anfang dieser Woche alle Beiträge auf ihrem Instagram-Account löschte – nachdem sie monatelang rassistisch und sexistisch beleidigt worden war.

Tran spielte die Rolle der mutigen Mechanikerin Rose Tico in „Star Wars – Die letzten Jedi“, der im Herbst 2017 in die Kinos kam. Als Amerikanerin mit vietnamesischen Wurzeln ist Tran die erste Woman of Color, die in dem Epos eine tragende Rolle spielt.

Trans Begeisterung für „Star Wars“ war groß. „Ich weiß, wie viel Glück ich habe, dass ich Teil von etwas sein kann, das die Leute lieben“, lautete einer ihrer nun gelöschten Posts. Die Antwort: Angriffe auf ihre Person, ihre Herkunft, ihren Körper. Selbst auf der Fanpage Wookieepedia wurde der Eintrag über Tran rassistisch bearbeitet – die Plattform hat das inzwischen behoben und die Seite für Änderungen gesperrt.

Und es passiert nicht zum ersten Mal. Als 2015 der erste Film der neuen „Star Wars“-Runde in die Kinos kam, stürzten sich die Trolle auf John Boyega, der die Hauptfigur Finn spielt. Der Brite, Sohn nigerianischer Eltern, konterte: „Gewöhnt euch dran.“ Auch Daisy Ridley, die die Heldin Rey verkörpert, löschte 2016 nach Angriffen vorübergehend ihren Instagram-Account. Als 2016 der Kultfilm Ghostbusters als Remake in die Kinos zurückkehrte – und statt vier Männern nun vier Frauen auf Geisterjagd gingen – brandete eine gewaltige Welle von Hass und Sexismus im Netz auf.

Ein Raum voller Hass

Das ist ein Problem. Die Idee von einem Internet als freiem Raum, als Ort, an dem auch Ungesehene sichtbar werden können, ist heute allzu oft ins Gegenteil verkehrt: Das Internet wurde zum Raum, der Menschen durch Hass und Häme noch stummer, noch unsichtbarer macht.

Das allein ist schon unerträglich. Die Debatte über Incels, also Männer, die Frauen aus einem Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit heraus verachten, macht deutlich: Diese online ausgelebte verbale Gewalt kann durchaus zu physischer, ja tödlicher Gewalt werden. Das zeigte zuletzt die Amokfahrt von Toronto, bei der ein Mann seinen Wagen wohl gezielt auf Frauen gerichtet hatte.

Wie man solche Gewalt verhindern kann – das ist eine der großen Fragen dieser digitalen Zeit. Da ist die Frage der Regulierung in sozialen Medien – nach Aufklärung. Und: Die Notwendigkeit, sich solidarisch zu zeigen.

Hass im Netz geht oft von kleinen, aber lautstarken und vor allem: organisierten Gruppen aus. Was diese so wütend macht: Die Hoffnung der Galaxie ist Rey, eine junge Frau. An ihrer Seite kämpft Finn, ein schwarzer Mann. Es ist mit Vizeadmiralin Amilyn Holdo eine Frau, die sich opfert und so den anderen zur Flucht verhilft. Frauen und People of Color sind Pilot*innen, Mechaniker*innen, Kämpfer*innen. Das ist nach all den Jahren, in denen weiße Männer die Leinwände beherrschten, überfällig.

Diversität in der Popkultur

Man könnte den Hass als Angstschrei derer begreifen, die mit ansehen, wie ihre sicher geglaubten Privilegien allmählich bröckeln. Das macht es nicht besser, nicht weniger schmerzhaft. Und doch sollte dabei die Erkenntnis nicht untergehen: Da tut sich was. „Für mich als Amerikaner mit vietnamesischer Abstammung war es überwältigend, Kelly Marie Tran in einer Hauptrolle in ,Star Wars' zu sehen“, schreibt jemand auf Twitter.

Diversität in der Popkultur ist nicht nur eine nette Geste. Es geht darum, Menschen Vorbilder zu geben, in denen sie sich wiedererkennen können. Frauen. People of Color. Queers. Nicht nur weiße Männer können Helden sein. Wir sehen das heute öfter auf der Leinwand – und wir müssen es noch öfter sehen. Deswegen braucht der laute Hass eine noch lautere Antwort.

„Wir müssen das Lieben, das Unterstützen, das Aussprechen dessen, wofür wir einstehen, als politischen Akt begreifen“, sagte die Aktivistin Kübra Gümüşay 2016 in ihrem Plädoyer für das, was sie „organisierte Liebe“ nannte.

Einen sehr guten Anfang machte „Star Wars“-Produzent Rian Johnson. Zuerst hätten die Hassposts ihn verrückt gemacht, sagte er dem britischen Standard kürzlich. „Doch dann habe ich begriffen, dass die Dinge, über die diese Menschen so wütend sind, eben die sind, auf die ich am stolzesten bin.“

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