Rechte Studentin an der Uni Bremen: Was tun?

Bei der Frage des Umgangs mit einer rechtsextremen Lehramtsstudentin knirscht es zwischen Uni-Leitung und Studierenden-Vertretung.

Ein Zeltplatz mit einer Eingangspforte. Darauf steht "Der Heimat und dem Volke treu"

National-völkische Erziehung, hier bei einem Zeltlager in Detmold Foto: Otto Belina

BREMEN taz | Die Diskussionen um den Umgang mit einer rechten Studierenden an der Uni Bremen reißen nicht ab. Vertreter des Grundschul-Studiengangs und des AStA wünschen sich dabei mehr Unterstützung von der Uni-Leitung. Für eine Veranstaltung über Frauen in der rechten Szene am Mittwoch hat die Uni diverse Einschränkungen vorgegeben: So solle der Name der betreffenden Studentin nicht genannt, kein Bezug zu Pressemitteilungen zu dem Fall hergestellt und zudem der Vortrag auch nur wenig beworben werden.

Irina Kyburz aus dem Vorstand des AStA zeigte sich davon irritiert. „Ich habe den Eindruck, die Universität will die Diskussion eher unter der Decke halten“, sagte sie. „Ich wünsche mir mehr Haltung und Positionierung durch die Uni im Diskurs um rechte Personen an der Hochschule.“ Bislang gebe es zwischen Uni-Leitung und AStA dazu keinen Austausch.

Angestoßen wurde die Debatte um rechte Studierende vor etwa zwei Wochen, als Plakate mit Name und Foto einer Studentin auftauchten, die auf Grundschullehramt studiert. Sie hat Verbindungen zu Neonazis, zur NPD und ist seit Jahren in der rechtsextremen Szene der „völkischen Siedler“ aktiv. An der Uni war sie auch als Tutorin tätig, wobei sie an das Neu­tralitätsgebot gebunden war. Gespräche des Dekans mit den Dozenten hätten ergeben, dass sie dieses nicht verletzt habe, hatte die Uni erklärt.

Vertreter des Studiengangs sowie des AStA haben nun aus aktuellem Anlass zwei Veranstaltungen organisiert. Am Mittwoch Abend soll es um Frauen in der Neonazi-Szene gehen – und um den Umgang mit rechten Kommilitoninnen (18 Uhr, GW2, Raum B3009). Geladen ist Lisa Hempel vom Lidice-Haus. Sie leitet dort die bundesweite Fachstelle „Rechtsextremismus und Familie“. Eine Woche später soll die Rechtsextremismus-Expertin Andrea Röpke über „völkische Netzwerke in der rechten Szene“ aufklären (4. Juli, 19 Uhr, Hörsaalgebäude „Keksdose“).

Eine Grundschullehrramtsstudentin der Uni Bremen gehört zum rechtsextremen Netzwerk der „Völkischen Siedler“.

„Völkische“ streben nach einer homogenen Volksgemeinschaft. Kinder werden entsprechend indoktriniert, Erziehung wird in dieser Ideologie als „nationale Aufgabe“ der Frauen gesehen. Die rechten Frauen wählen daher gezielt pädagogische Berufe.

LehrerInnen sind laut Bremischem Schulgesetzes zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet. Das gilt auch für ReferendarInnen, sofern sie unterrichten.

Für die Veranstaltung mit Hempel machte das zuständige Dezernat der Uni Bremen allerdings einige Vorgaben. In einer Mail heißt es, die Studierenden sollten bedenken, „vor, während und nach der Veranstaltung“, Namen und Bild der rechten Studentin nicht zu zeigen.

„Bei der Bewerbung der Veranstaltung bitte ich dringend darauf zu achten, dass kein Zusammenhang zu den derzeitigen Pressemitteilungen besteht“, heißt es weiter. Und: „Auch weise ich nachdrücklich darauf hin, dass die Werbung für die Veranstaltung äußerst sparsam gehalten werden sollte.“ Großflächiges Plakatieren könne zu massiven Sicherheitsproblemen führen.

Die Uni trage für die Sicherheit die Verantwortung, wenn es auf einer Veranstaltung zu Störungen etwa durch Mitglieder der rechten Szene kommen könne, erklärte Meike Mossig, Sprecherin der Uni Bremen. In dem Zusammenhang sei es ein Unterschied, ob die Studierenden eines Studiengangs über den Umgang mit Rechten sprächen oder ein breiteres Publikum geladen werde.

In keinem Fall gehe es darum, einen offenen Dialog zu beschränken. Die Studierenden würden unterstützt und für die Veranstaltung würde selbstverständlich auch ein Raum von der Uni zur Verfügung gestellt. „Zum Zeitpunkt der Mail war die Diskussion sehr aufgeladen“, erklärte Mossig. Es sei unglücklich gewesen, dass das Thema über Plakate mit Namen und Foto der Studentin angestoßen wurde. „Es geht darum, die Persönlichkeitsrechte zu wahren und hier ist die Uni für ihre Mitarbeiter und Studierenden in der Verantwortung.“

Klare Haltung im Fachbereich

Mirko Welk, der die Veranstaltung als Mitglied der Studiengangsvertretung organisiert, erklärte, auch er mache sich Gedanken darüber, ob Neonazis bei der Veranstaltung auftauchen könnten, hält das allerdings für unwahrscheinlich. „Dass wir aber auf aktuelle Presse nicht Bezug nehmen sollen, ist absurd“, sagte Welk. Im Fachbereich indes gebe es inhaltlich eine klare Haltung, auch wenn nicht alle damit einverstanden seien, die Kritik persönlich auf die Kommilitonin zu beziehen.

Die geladene Referentin Hempel hält eine klare Positionierung von Seiten der Uni für sehr wichtig. „Zu einer demokratisch toleranten Universität gehört, sich deutlich von rechten Studierenden abzugrenzen“, sagte sie. Rechte Frauen würden pädagogische Studiengänge bewusst belegen. In letzter Zeit seien an deutschen Hochschulen mehrere solcher Fälle bekannt geworden.

Als Beispiel für einen gelungenen Umgang nennt sie die Uni Bielefeld, wo nach einem Outing einer rechten Studentin von der Uni-Leitung mit den Studierenden die Kampagne „Uni ohne Vorurteile“ ins Leben gerufen wurde, um Rechten und Diskriminierung zu begegnen. Die Kampagne wird unter anderem von Ringvorlesungen begleitet.

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