EU verhängt Sanktionen gegen sieben Generäle aus Myanmar

Kanada schließt sich Strafmaßnahmen gegen Myanmar wegen Vertreibung der Rohingya an. Myanmars Militär entlässt zwei Verantwortliche. Offiziell, weil sie Angriffe einer Rohingya-Miliz nicht verhindert hatten

Von Sven Hansen

Neun Monate nach der gewaltsamen Vertreibung von 700.000 muslimischen Rohingya aus dem mehrheitlich buddhistischen Myanmar hat der EU-Außenministerrat Sanktionen gegen sieben verantwortliche Generäle erlassen. Sie dürfen nicht mehr in die EU reisen. Ihr Vermögen in Europa wird eingefroren, erklärte der Rat am Montag in Luxemburg. Ihnen werden schwere Menschenrechtsverbrechen vorgeworfen, u. a. außergerichtliche Hinrichtungen, sexuelle Gewalt und das systematische Verbrennen von Rohingya-Häusern.

Kanadas Regierung schloss sich am Montag den EU-Sanktionen an, was offenbar abgesprochen war. Außenministerin Chrystia Freeland erklärte: „Kanada und die internationale Gemeinschaft können nicht still bleiben. Es geht um ethnische Säuberungen. Das sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“Anders als Kanada und die Vereinten Nationen erheben die EU-Minister nicht den Vorwurf ethnischer Säuberungen. Andere sprechen gar von Völkermord, was sehr umstritten ist. Von Seiten der EU gilt seit 1989 ein Waffenembargo gegen Myanmar. Seit April dürfen auch keine Militärs mehr zu Lehrgängen kommen.

Fünf der Generäle sind von der Armee, einer ist vom Grenzschutz und einer von der Polizei. Bekannt sind Generalmajor Maung Maung Soe, zuvor Oberkommandierender für West-Myanmar, und Generalmajor Aung Kyaw Zaw, zuvor Chef der Spezialtruppen.

Nur Stunden nach Sanktionsverkündung reagierte das Militär. Auf seiner Facebook-Seite verkündete es die Entlassung von Maung Soe. Aung Kyaw Zaw werde erlaubt, in den Ruhestand zu treten. Das Militär hat Vorwürfe, für die Vertreibung der Rohingya verantwortlich zu sein, stets zurückgewiesen. Es rechtfertigt sein Vorgehen als Verteidigungsmaßnahme nach dem Angriff der obskuren Rohingya-Miliz Arsa auf Grenzposten. Zur Maung Soes Entlassung hieß es nur, er habe auf die Angriffe nicht effektiv reagiert.

Der Armeechef und Verteidigungsminister Min Aung Hlaing entgeht Sanktionen. Dabei steht er in der Kommandokette ganz oben und ist der mächtigste Mann nicht nur im Militär, sondern in der gesamten Regierung. De-Facto Regierungschefin Aung San Suu Kyi kann gegen seinen Willen keine Politik machen. Beim Thema Rohingya steht sie aber hinter der Armee.

Auch viele Birmesen begrüßen das Vorgehen des Militärs. Die Rohingya werden in Myanmar nur Bengali genannt. Das impliziert, sie seien illegale Einwanderer aus Bangladesch. Den meisten Rohingya ist Myanmars Staatsbürgerschaft verwehrt, obwohl sie dort teilweise seit Generationen leben.

Nach jahrzehntelanger Diskriminierung entstand vor zwei Jahren die Rohingya-Guerilla Arsa. Sie griff erstmals im Oktober 2016 und dann wieder Ende August 2017 Grenzposten an. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf Arsa vor, knapp 100 Hindus getötet zu haben. Jetzt fordert Amnesty in einem Bericht, der am Mittwoch veröffentlicht wird, 13 verantwortliche Generäle einschließlich Armeechef Ming Aung Hlaing beim Internationalen Strafgerichtshof anzuklagen. „Es gibt überwältigende Beweise, dass es sich um einen minutiös geplanten, systematischen Angriff auf das Volk der Rohingya handelt“, erklärte Matthew Wells von Amnesty.

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